OFDb

War Horse / Gefährten (Spielberg)

Begonnen von StS, 29 Juni 2011, 17:56:20

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

McClane

Hatte kurz überlegt ins Kino zu gehen, es dann bleiben lassen und hab mir "Der Film, den sie Pferd nannten" jetzt mal auf DVD gegönnt. Weise Entscheidung sich das Kino zu sparen. Ein Crowdpleaser für alle Altersgruppen, was bei einem Film vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs schon mal eine schwierige Angelegenheit ist, und auch sonst in verschiedenen Punkten zwiespältig bis nicht zu Ende gedacht. Zum einen vermenschlicht Spielberg das Super-Hottehü bis zur unfreiwilligen Komik (ein echter Brüller, wenn das Pferd sich losreißt und zum zu ziehenden Geschütz rennt, damit es die Position seines schwächelnden Kameraden übernehmen kann), wenn Menschen auftauchen, muss das Pferd jedoch immer wieder in den Hintergrund treten. Es gibt genau zwei Schlachtszenen von denen die zweite als jugendfreie Variante von "Saving Private Ryan" überraschend gut funktioniert, die erste dagegen ein echtes Ärgernis ist, da sie den Eindruck erweckt, dass im Krieg zwar Maschinengewehre abgefeuert werden und am Ende jemand gewonnen hat, aber dass es dabei wirklich Tote geben könnte, wird im Schnitt quasi unter den Teppich fallen gelassen. Bei der Darstellung der Deutschen ist Spielberg durchaus ausgewogen, verweist darauf, dass alle Beteiligten Menschen auf verschiedenen Seiten des Krieges sind - was aber gar nicht geht, das ist die Sprache im Originalton: Deutsche und Franzosen sprechen unter sich Englisch (natürlich mit Lokalkolorit-Akzent, soviel Klischee muss sein), nur wenn Marschbefehle gebrüllt werden, dann muss natürlich Deutsch erklingen. Außerdem ist der Film extrem feige, denn nicht nur sterben die menschlichen Hauptfiguren wie die Fliegen, aber egal, Hauptsache der Zosse lebt, nein, sie müssen auch fast alle offscreen dran glauben (wär ja sonst zu schlimm für die ganze Familie). Selbst in einer der stärksten Szenen des Films blendet ein an der Kamera vorbeidrehender Mühlenflügel den schlimmsten Moment aus. Dazwischen gibt es immer wieder brillante Einzelszenen, die Stacheldrahtszene tut tatsächlich beinahe körperlich weh, das Rausschneiden ist ein interessanter Moment in Spielbergs Kriegsdarstellung, der Rest ist leider im WWI-Kontext doch sehr befremdliche Du-kannst-alles-schaffen-wenn-du-es-willst-Plörre. Handwerklich top, das konnte man von Spielberg ja erwarten, aber das dürfte sein wohl schlechtester Film sein. 3-4/10
"Was würde Joe tun? Joe würde alle umlegen und ein paar Zigaretten rauchen." [Last Boy Scout]

"testosteronservile Actionfans mit einfachen Plotbedürfnissen, aber benzingeschwängerten Riesenklöten"
(Moonshade über yours truly)

pm.diebelshausen

1 September 2012, 13:45:09 #31 Letzte Bearbeitung: 1 September 2012, 13:47:47 von pm.diebelshausen
Ist es Wendy-Masochismus oder warum bekomme ich dennoch Lust, den mal zu sehen? Alles, was ich bislang gehört und gelesen habe bestätigt das Vorurteil, das ich aufgrund zweier oder dreier Sätze zur Story von Anfang an hatte. Trotzdem ist da irgendwas, das mich lockt, obwohl ich weder Pferdenarr noch Spielbergfool bin. Vielleicht ist es die Absurdität und regredierende (tolles Wort) Altbackenheit, Lassy zu einem Pferd zu machen, vielleicht ist es die Hoffnung auf High-End-trashige Momente, die nicht minder absurd wären und die auch McClane beschreibt (und etwas Kleineres als ein Windmühlenflügel war da als visuelle Zensur gerade nicht zur Hand? Das Sterben muss ziemlich groß sein.). Gibt es sowas wie genüssliches Fremdschämen, dann ist der Film trotz allem was für mich.

Ok, hab mich überredet, ich besorg ihn mir.  :D
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

Hitfield

Hatte mich bislang um den Film gedrückt, aber früher oder später sichte ich ohnehin jeden Spielberg-Film und die DVD/BR ist ja seit Ende August im Verleih.

Ein Erster Weltkrieg-Film von Disney mit Pferden. Das ist für viele sicher kaum zu verkraften. Wider Erwarten aber dennoch ein recht guter Film, den ich trotz der Laufzeit und Thematik auch erstaunlich kurzweilig fand. Das liegt unter anderem an der episodenhaften Struktur mit den vielen Schauplatz- und Personenwechseln (vom Anfang mal abgesehen, aber den fand ich auch sehr flott). Handwerklich übrigens sehr gut inszeniert und fotografiert. Sehr schön auch die Besetzung, speziel Peter Mullan, David Thewlis, Tom Hiddleston, Benedict Cumberbatch und Liam Cunningham. Britische Charakterdarsteller, bei denen es einfach Spaß macht, ihnen zuzusehen - auch in einer Mainstream-Hollywood-Produktion. Eine der Schlüsselszenen gegen Ende mag zwar kitschig erscheinen, ist aber gar nicht allzu weit hergeholt, wenn man Kriegsberichten aus dieser Zeit glaubt.

6,5 / 10
"All those moments will be lost in time, like tears in the rain."

pm.diebelshausen

Zitat von: pm.diebelshausen am  1 September 2012, 13:45:09Ok, hab mich überredet, ich besorg ihn mir.  :D

Jeder macht mal Fehler. Aber manches auch richtig: die letzte Stunde des Films genoss ich nur noch im Schnelldurchlauf. Die Schlusseinstellungen in Bordellrot wirkten dennoch ausreichend unangenehm und machten Lust auf "Vom Winde verweht" in schönem Technicolor.

Na, ich glaub, ich bin einfach zu alt für diesen Scheiß. Mit 10 auf der Sonntagsmatineecouch hätte ich's gemocht.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

TinyPortal 2.0.0 © 2005-2020