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Die letzte Sichtung: Serien & Dokus

Begonnen von StS, 21 Juli 2022, 10:11:06

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Private Joker

8 September 2023, 01:02:00 #60 Letzte Bearbeitung: 8 September 2023, 01:40:27 von Private Joker
The Ark (Wow)

Ja, ja, was geht mich mein Geschwätz... und so weiter. Und nein, das ist auch nach heutzutage fast schon langen 12 Folgen keine gute Serie - flache Tricks, flache Figuren, flache Handlung. Und streng genommen nicht mal wirklich Science Fiction, oder anders ausgedrückt: fast alle Figuren, Plots und Situationen könnten auch aus einer Krankenhaus- oder Firefighter-Serie stammen.

Warum drangeblieben ? Das ist ein irgendwie drolliger Nostalgietrip in eine Zeit, in der man Unterhaltung ohne den ganzen Firlefanz mit Zeitsprüngen, dramaturgischen Volten und hochdiversen Casts mit lauter halbguten Figuren erzeugen wollte. Hier ist (fast) immer von Anfang an klar, wer gut/böse/auf Bewährung ist, wer zu wem gehört, welche Intrige oder Wendung als nächstes kommt und warum die Pläne der Bösen immer so schön schiefgehen. Die Nerds sind so nerdig wie einst Crusher, die Helden gutaussehend und mit Zusatzpower, die Liebespärchen so absehbar wie die Weltraumphysik weitab der Realität.

So ist das ein Dranbleiber wider alle Vernunft - objektiv kaum mehr als ganz knapp 5/10, aber mit dem Trash- oder Weitersehenwill-Faktor, der TV-Serien wie Battlestar Galactica (die alte) einst so faszinierend machte. Auch wenn die Konkurrenzsituation damals eine ganz andere war.

Then you run (Wow)

Aus der demächst endenden Eigenproduktionslinie von Sky kommt dieser Versuch in schwarzhumorigem Thriller über eine Jungmädelclique auf der Flucht vor Killer-Onkel und anderen unliebsamen Zeitgenossen.

Erinnert von der Grundkonstellation so ein bisschen an Sky Rojo, aber mit der Idee, das mit Teenagern zu drehen, versperrt man sich doch reichlich Optionen. Soll heißen - wirklich Action, Gewalt, Sex und ähnliches gibt es nicht. Wobei, Gewalt eigentlich schon, aber verlagert in einige für die Handlung eher irrelevante Szenen vor allem um den superfiesen "Traveller" (Christian Rubeck). Generell ist die Parade von Bösewichten wirklich eindrucksvoll und die vielleicht größte/einzige Stärke der Serie: Außer dem erwähnten Rubeck als Überkiller machen auch Coyle und Famke Janssen da einen guten Job, wobei O-Ton-Fans wohl anmerken müssen, dass Famke als BKA-Beamtin schon sprachlich eher fragwürdig rüberkommt.

Umso bedauerlicher, dass am Ende die Hoffnung auf einen großen Showdown um die drei enttäuscht wird, irgendwie haben die zu diesem Zeitpunkt zumindest überwiegend was anderes vor. Das was davon übrigbleibt, strapaziert dann allerdings auch ein wenig die Glaubwürdigkeit des ganzen, aber das kann man spoilerfrei nicht vertiefen, es zeigt aber auch die grundlegenden Schwächen des Konstrukts. Auch einzelne Episoden geraten eher zäh bis nervig, zB die um den Solotrip der Schwangeren aus der Truppe und deren potentielle Killer. Insgesamt eine passable Grundidee, aus der zu wenig gemacht wurde. Viel zu wenig. 4,5/10

Und noch eine Enttäuschung: Crossfire - Tod in der Sonne (ZDF) bringt die eigentlich unschlagbare Kombo aus "Keeley Hawes" und BBC-Krimi, aber das Resultat ist objektiv wie gefühlt eine komplette Pleite - ein völlig unausgegorener Mix aus der Stirb-Langsam Grundidee und Familiendrama. Über die Gangster erfährt man wenig, der ganze Plan ist dürftig, Action gibt es kaum und die ständig hereingeschnittenen Rück- und Seitenblenden um das Familienleben der Beteiligten sind genau der Grund, warum eine eigentliche Lachnummer wie The Ark so schön kuschelig altmodisch wirkt. Bei gegen Ende leicht nachgelassener Aufmerksamkeit vielleicht etwas zu harsche 3/10.

Und der "First Look" des Tages: "Harlan Cobens Shelter" (Amazon). Der US-Thrillerautor hat so weit ich das sehe eigentlich einen ganz guten Ruf, "seine" bisherigen Verfilmungen auf Netflix liefen aber bislang ein bisschen unter dem Radar (irgendwie hat mir Netflix da auch nie was in der Richtung vorgeschlagen, obwohl das eigentlich in mein Beuteschema passt).
Vielleicht ist Amazon die bessere Plattform, um da ein bisschen Buzz zu erzeugen. Aber warum gerade mit so einer Teenager-/Highschoolkiste anfangen ? Das ist für einen Thriller um verschwundene (untote?) Verwandte, Geld, Drogen oder was auch immer kein guter Ausgangspunkt und führt zu wunderlichen Szenen, zB wenn da eine 16jährige ständig mit einer Schusswaffe herumfuchtelt und es irgendwie keinen wundert. Ansonsten watet die Serie knietief im Teenieserien-Klischee, das Standardpersonal gängiger Highschoolszenarien von den Außenseitern über die Bitches zu den Bullies ist vollständig angetreten.
Der Plot ist ehrlicherweise nicht völlig uninteressant, irgendwie bleibt man da schon dran. Mit einem anderen, erwachseneren Ansatz wäre das vermutlich eine ganz andere Hausnummer.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Moonshade

Good Omens 2 (Amazon Prime)

Nachdem "Good Omens", die Terry Pratchett-Verfilmung, mit David Tennant und Michael Sheen, recht gute Note für den versponnen-kurios-komischen Tonfall einfahren konnte, ist die Serie nun mit Staffel 2 zurück.
Pratchett konnte die Vorlage nicht fertigstellen, also hat sich wohl Neil Gaiman des Rudiments angenommen und es nun weiterentwickelt.

Der leicht-amüsante Tonfall hat sich gehalten, die Schauspieler harmonieren prächtig, aber das Tempo ist immer noch bedächtig bis schlingernd, manchmal möchte man schon, dass die Figuren schneller zu Potte kommen, aber an Plot mangelt es der zweiten Runde sowieso. Im Fokus sollte eben ein nackter Erzengel Gabriel stehen, der ohne Erinnerung vor Azis Buchladen steht, aber diese Idee wird meistens stiefmütterlich behandelt, um den Protagonisten die Gelegenheit zu geben, in verschiedenen Vergangenheitsepisoden zu glänzen und gleichzeitig eine neue Liebe zwischen Plattenhändlerin und Cafebesitzerin zu schmieden.

Witzig ist das schon, aber der Gabrielplot reicht nach dem Start dann nur für die Episoden 5+6, alles weitere wirkt narrativ gestreckt oder dazu gedacht, geht aber leicht von der Hand.
Die Party gehört eindeutig Tennant, der jede Szene wegknuspert, in der er von der Kette gelassen wird.

Das Finale wird nicht jedem gefallen, aber die Staffel diente vor allem wohl als Übergang für eine mögliche Staffel 3, die am Ende angeteasert wird und alles ist so offen, das man nur hoffen kann, dass es wirklich dazu kommt.

Entspanntes Gegnigger, 7,5/10 !
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Moonshade

Deadloch (Amazon Prime)

Eine Serie, die sicher die Gemüter im LGBT-Zeitalter teilen wird, wie Moses das Rote Meer.

Erdacht in Australien, in einem kleinen Nest in Tasmanien spielend. Dort steht in einem Örtchen seit einigen Jahren eines dieser freigeistigen, vielfältigen, esoterischen, exotisch sexuellen und kreuz und queeren Festivals an, das sogenannte "Feastival". Während alle auf Nacktmeditation, Klangschalenmystik oder vierstündige Arthausfilme über den Uterus hoffen, findet sich am Rand des Sees eine nackte Leiche. Erdrosselt, Zunge abgeschnitten. Für die örtliche (lesbische) Polizistin ein ungewöhnlicher Fall seit sie ihre Großstadtbullenrolle aufgegeben hat, für ihre Frau eine Störung der Planung der gemeinsamen Zukunftsplanung. Also schickt man einen Profi vom Festland: eine vollkommen durchgeknallte, unfokussierte und jeden vor sich hinbeleigende Polizistin, die alles macht, nur nicht einen klaren Gedanken zu fassen.

Natürlich stecken da jede Menge Backstories drunter, wie auch hinter den ganzen Figuren aus der Stadt und rund um das Festival, die sich früher oder später quasi alle als Verdächtige anbieten, wenn sie nicht irgendwann tot aufgefunden werden.

Ich warne vor: man braucht schon einen schön schrägen Humor, um diese grelle Mischung LGBT-Botschaft und -Veralberung bei gleichzeitigem zotenhaften, übersexuellen Durchbeleidigen jeder Strömung und Richtung, jedes Geschlechts und eine ganzen Reihe von Formen des Missbrauchs, wirklich unterhaltsam zu finden.

Vor allem muss man durch die ersten zwei Folgen durch, in denen der "Profi" (oder die "Professionelle") so unkontrolliert durch die Gegend flucht (und quasi jeder Fluch hat eine sexuelle Konnotation), dass viele vermutlich aufgeben.
Unter dieser zappelig-überdrehten Oberfläche verbirgt sich aber ein sehr gut konstruierter Krimiplot mit mehr als einem Dutzend Leichen und so vielen Wendungen und Fallstricken, wie das Autorenduo in die 8 Folgen bringen konnte.
Und ab Folge 3 bekommen die Figuren und die Ermittlungen dann auch immer mehr Struktur und Tiefe, die Dialoge mehr Ernst und die Story mehr Thrill, wobei ich konstatieren musste, dass das einer dieser konstruierten Plots ist, in dem die "Guten" ihre Limitierungen zum Positiven überwinden und die Gegenfraktion verliert (vorzugsweise übrigens Würde, Körperteile oder das Leben) und zwar fast ausnahmslos.

Natürlich trägt die ganze Produktion ihre pro-feminine Agenda quer über der Brust, schafft es aber sie soweit in der Grotesken zu versenken, dass man an einer Stelle tatsächlich aus dem ganzen Runter- und Niedergefluche ganz kurz aussteigt, weil ein Ausspruch an Grundsätzen rüttelt, die nicht infrage gestellt werden sollten. Dann wird weiter geflucht.

Mit einer Fülle übersteigerter Nebenfiguren ausgezeichnet und mit einem soliden Tempo umgesetzt, hat dieses Ermittlungsspiel Marke "Columbo auf Tourette" wirklich an jedem Geduldsfaden intern und extern gesägt.

Ich persönlich hatte den Spaß des Jahres, wenn man möchte, kann man das natürlich auch ideologisch dekonstruieren. Aber das macht den Spaß kaputt, denn es wird sich bewusst am Rande der Parodie entlang bewegt.
8,5-9/10 von mir.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Newendyke

Zitat von: Newendyke am 20 Oktober 2022, 10:26:01The Bear (D+)

Ein junger, hoch ambitionierter Koch (Jeremy White - Shameless) findet sich im heruntergewirtschafteten Sandwich-Shop seines toten Bruders wieder, den er, anfangs mit großem Zwang für sein neues Team, wieder auf Vordermann bringen will. Nicht nur das eingefahrene Team seines Bruders, aber auch eine junge Köchin stehen ihm dabei zur Seite und auch mal im Wege.
Die Serie nimmt dabei eine Vielzahl von Themen auf, wie z. B. der Verlust und die Trauer der Hinterbliebenen eines Suizids, Identität eines Restaurants und Klassenunterschiede in der Küche, Betäubungsmittelmissbrauch in der Branche. Das Ganze wird sehr schnörkellos von den Charakteren getragen und mit einem sehr feinen Soundtrack wird die Hektik in der Küche und die Reibereien in der Truppe vorangetrieben. (besonderes Highlight ist Episode 7!!!)

Freu mich schon auf die nächste Staffel.

8/10


BÄMM!
Und weiter geht's mit Staffel 2, die es wirklich schafft viele Klischees intelligent zu umfahren und viele neue Schichten den Charakteren hinzu zu fügen. Bin noch nicht durch, aber bisher klares Highlight ist Episode 6, die einen wirklich krassen Kontrast herstellt und die Familie "Bear" bis auf die Eingeweide seziert; ganz zu schweigen von all den Stars, die sich hier die Klinke in die Hand geben (Curtis MUSS sowas von den Emmy nächstes Jahr gewinnen!!!).
Momentan tendiere ich stark zu einer 9/10, ein absolutes Brett wird hier abgeliefert!!!


"Ich will jetzt nichts mehr hören, von wegen keinen Job, kein Auto, keine Freundin, keine Zukunft und keinen Schwanz." (der Meister - Gran Torino)

Private Joker

29 September 2023, 02:02:51 #64 Letzte Bearbeitung: 25 November 2023, 11:57:23 von Private Joker
Last Light - Wenn die Welt dunkel wird (Amazon)

Gerade mal 5 Folgen ohne jede Spekulation auf eine zweite Staffel - selten genug heutzutage. Ich habe die nicht zuletzt wegen mäßiger Kritiken dann auch eher als Pausenfüller genutzt; der Fairnis halber: So ein gewissen Potential für fixes Durchglotzen hat die "Serie" schon.

Was nicht heißt, dass die eine im Wortsinne "gut" ist. Das topaktuelle Thema ist letztlich nur Aufhänger für viel Familiendrama, perfekt verteilt auf markigen Männe, tatkräftiges, aber vernachlässigtes Frauchen und aufsässige Teenie-Tochter (plus einen blinden Junior als Katalysator). Richtig zusammengehen will das nicht, und das angetextete Topic "Welt am Arsch" mitsamt Katastrophen, Aufstand und Endzeitstimmung gerät schon budgetbedingt völlig unter die Räder, visualisiert wird da so gut wie gar nix. Am Ende wird viel über Klimakrise und die Chancen darin gefaselt; ich halte das wie die Moral von der Geschicht' ehrlich gesagt für total panne (Millionen Tote ? Ist doch egal, wenn der nur der naturharmonische Neuanfang gelingt). Straßen-Kleber und Schulschwänzer-Kids werden's vermutlich anders sehen, aber ich fürchte, die halten nicht mal die 4 Folgen zuvor durch. Für ansatzweise vorhandenen Unterhaltungswert und eine irgendwo passable Grundidee aber noch knapp 5/10.

Chronistenpflicht: Die deutsche Produktion "Blackout" war besser. Echt.

Harlan Coben's Shelter
(Amazon)

Hatte ich ja schon maßvoll begeistert angetestet, und leider wird es auch zum Schluss nicht besser. Im Gegenteil: Wie die Sache mit dem Vater ausgeht, ist so klar, dass da nicht mal ein vor der Pleite stehendes englisches Wettbüro da irgendwelche Wetten drauf annehmen würde. Der Rest ist ein Pseudo-Thriller, in dem sich der gesammelte Teenie-Cast etwa 60% der Laufzeit so verhalten darf/muss, wie man das aus dutzenden Highschoolserien kennt; und im Rest wie Erwachsene, die einen erwachsenen Krimifall aufklären müssen und sich mit übellaunigen Killern auseinandersetzen. Da passt wenig zusammen; einige Szenen wie die Entlarvung der Identitäten der "Hexe", des "Einäugigen" und des "Tätowierten" sind echte Lachnummern. Wobei im ersteren Fall das Lachen etwas im Halse stecken bleibt, irgendwelche NS-Assoziationen sind eigentlich das letzte, was ich in so einen juvenilen Thrillerlein erwarte. Das ist jetzt wirklich ein Fall, wo man besser ausgeschaltet hätte, selbst als Hintergrundberieselung. 3,5/10.

Ragnarök (Netflix) - Staffel 3 und Gesamteindruck

Staffeln 1 und 2 sind schon eine Weile verfügbar, die Pause zwischen 2 und 3 ist (Corona?) auch mal wieder viel zu lange, um da sofort wieder "drin" zu sein. Nicht, dass die Serie jetzt irre komplex wäre; das ist im Kern eine notgedrungen schmalspurige "Thor"-Variante, die natürlich aber auch so gar nichts mit der "Marvel"-Version zu tun hat. Zu viel Spekulation, wenn das so etwas wie die "Rache" der Norweger für die Comic-Verwurstung ihrer nationalen Götter und Helden darstellen könnte ?
Statt knalliger Action, teuerer SFX, durchgeknallter Bösewichter aus dem All und all dem ganzen Kram gibt es hier eine auf "Kapitalisten gegen Prekarier", "Umweltsünder gegen Klimaretter" und "modern-tolerante Norweger gegen leicht germanisch aussehende Alt-Nazis" herunterzubrechende Kleinstadt-/Nordkapvariante. Das ist in Details schon leicht strange (aus einem Magenparasiten wächst mal so eben eine riesige Sagenschlange; Odin/Wotan ist ein Griesgram im Rollstuhl, Freya eine schwarze Influencerin, "Loki" schwul), aber weil die Skandinavier das wie viele ihrer Serien mit Sorgfalt, Atmosphäre und "Verve" rüberbringen, bleibt man schon irgendwie dran.

Das alles mal vorweggeschickt, muss ich doch feststellen, dass Staffel 3 zumindest in der ersten Hälfte eine sehr zähe Angelegenheit ist (bin noch nicht ganz durch). Da müssen wir "unseren" Mann ("Thor", der nicht so heißen darf - hat da Marvel sogar die Namensrechte gekauft?) als Vollpfosten akzeptieren, der mit dem Hammer rumläuft, die - vorübergehend - schwachmatischen Bösen regelrecht tyrannisiert und deren Kreditkarte plündert. Das eh nie besonders hohe Tempo ist nochmals verschleppter, da passiert buchstäblich nicht mehr viel.

Vielleicht hätte man es bei 2 Staffeln belassen sollen. In der Gesamtsumme leicht diffuse 5/10, in Teilen der ersten zwei auch etwas drüber, Staffel drei bislang eher darunter. Vielleicht kommt ja noch ein vernünftiger Schluss, der das wieder etwas hochzieht.

Und noch ein "First Look": Wilderness (Amazon) featured die eigentlich wirklich bezaubernde (darf man das noch sagen?) Jenna Coleman als Racheengel. Wobei genau deshalb schon der Ansatz (wer zum Teufel betrügt DIE denn für irgendwelche Fick-Blondchen?) eher fragwürdig ist. Angekündigt waren "viele Twist", aber bis Folge 2 habe ich da noch keinen gesehen. Und da das castbedingt auch kaum als Erotik-Thriller durchgeht, bleibt das vorläufig ein zähes Vergnügen, bei dem mich langsam der Verdacht beschleicht, nicht wirklich Zielgruppe zu sein....

"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Moonshade

Ja, "Ragnarök 3" hab ich auch vorerst wieder abgebrochen - mir kann das schon wie ein böses Omen vor, als sich die erste Folge mit einem minutenlangen Medley von Dingen aufhielt, die zwischendurch offenbar passiert sein sollen (also zwischen 2 und 3), um dann mit Folgen loszulegen, die Figuren quasi ohne Plot beinhalten. Offenbar ist niemandem mehr ein interner Plot eingefallen, außer das gute, schlechte, abgenutzte "Macht korrumpiert" und die blonde Riesentochter heckt mal wieder einen Plan aus, der verdächtig nach 90210 müffelt.

Ich weiß schon von einem Kumpel, dass das alles in den letzten beiden Folgen auf den Kopf gestellt wird, allerdings ist das in der imdb notentechnisch ungefähr so gut aufgenommen worden wie das "second coming of Adolf H.", die letze Folge hatte neulich 3,5er Schnitt. Irgendwann dreh ich mir das noch schnelle rein, aber wie üblich wenn so lange zwischen zwei Staffeln liegt, gilt wieder: man sollte am Anfang schon einen Plan haben, aber die 3.Staffel müht sich so sehr durch seine enorm vorhersagbaren Plots, dass es nur noch wenig bis keinen Spaß macht.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Moonshade

Liebes Kind (Netflix)

Wenn die Rangliste bei Netflix überraschend einen deutschen 6-Teiler vor "One Piece" an Nr.1 vermeldet, kann man schon mal aufmerksam werden.
Romy Hausmanns Debütroman war sehr populär und das Meiste hat sich wohl in diese Produktion gerettet- allerdings ist mein Eindruck auch eher durchwachsen.
Der Plot ist aller Ehren wert: eine Frau flieht aus einem Natasha-Kampusch-orientierten Wohnverlies, wo sie der allmächtige Täter seit längerem festhält, gemeinsam mit Tochter und Sohn. Doch leider läuft die Holde, die von ihrer Tochter begleitet wird, vor ein Auto und so werden sie im Krankenhaus schon bald durch das seltsame, automatisierte Verhalten der Tochter auf die Herkunft aufmerksam. Die Frau wird schon bald für eine seit 13 Jahren vermisste Frau gehalten, ein an diesem Fall kaputt gegangener Ermittler setzt die Eltern der Frau darauf an. Und der Täter scheint tot zu sein, aber erst einmal muss dieses Verlies noch gefunden werden, denn dort hält sich noch der Junge auf.

Was gut an der Serie ist: sie schlägt in jeder Folge neue Wendungen ein, vor allem was die Identitäten und das wahre Ausmaß des Falls angeht und setzt immer wieder kleine Überraschungsgranaten. Zwar hab ich mir schon im Zuge von Folge 5 den Rest zusammengereimt, aber wenigstens ist der Plot wirklich mal abwechslungsreich.

Allein: die Umsetzung ist es nicht. Die erfolgt dann zwar visuell anregend, aber in Sachen Dialoge, Entwicklung und Figuren eher auf dem üblichen Tatort-Niveau. Da wird der depressive Ermittler zum verschlossenen Nuschelkopp und Schmerzensmann, während sich die eigentlich ermittelnde Kollegin erst dahin entwickelt. Mutter und Tochter hören ständig die Stimme des Täters in ihrem Kopf (es gibt reichlich Rückblenden), aber offenbar hat weder das Medizinpersonal, noch die Polizei jemals einen Krimi gesehen und interessiert sich wirklich für den aufregenden Fall. Im Hintergrund wird emotional gefiedelt, innere wie äußere Isolation sind ein gewaltiges Thema, aber die Ermittlungen laufen nur nebenbei.
Außerdem passieren ständig haarsträubende Dinge, die keine Psychiatrie und kein Jugendamt der Welt jemals so durchführen würde, wenn die Kinder spontan getrennt und das Mädchen (offensichtlich brainwashed, was aber niemand so recht zu bemerken scheint) zu ihrem Opa im Trauerüberkompensiermodus gebracht wird, vor dessen Haus noch 30 Reporter lauern und dessen Frau ihn gerade wegen der Enkelin verlässt. Weder die Pfleger noch die Krankenschwestern scheinen das Ausmaß der Dinge wirklich zu verstehen und im Fokus stehen alle und keiner. In der letzten Folge überlegt man dann schon ständig, wie man die Chose zu einem brauchbaren Ende bringen kann, aber es geschieht dann doch das erwartbar Uninspirierte, wobei die Autoren tatsächlich die eine Polizeifigur am Ende komplett fallen lassen.

Wer "Room" mochte oder Entführungsthriller mag, der ist wohl hier richtig, ich für meinen Teil musste zu häufig mit den Augen rollen, wenn es dann wieder sehr deutsch zuging oder arg unrealistisch wurde. 5/10
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

mali

Zitat von: Private Joker am 29 September 2023, 02:02:51Vielleicht kommt ja noch ein vernünftiger Schluss, der das wieder etwas hochzieht.

Spoiler: zeige
Leider nicht. Völlig absurdes, super schlechtes Ende. Staffel 1 und 2 hatten uns durchaus ganz gut gefallen, seichte nordische Unterhaltung. Staffel 3 hat das alles im Klo runter gespült. Wenn da nicht eh schon geplant war, das es die letzte Staffel sein sollte, wäre das wohl trotzdem passiert.

Moonshade

Ragnarök - Staffel 3 (Netflix)

Immer kein gutes Zeichen, wenn es von S2 zu S3 so lange braucht, dass man sich an die Serie kaum noch erinnern kann. Fand schon S2 ein bissl schwächer als S1, aber das ist nichts gegen die One-Idea-Staffel 3, die jetzt präsentiert worden ist.

In der imdb hat es ja die 18. und letzte Folge total zerrissen und ja, die ist nun wirklich nicht das, was man sich die ganze Zeit von diesem Nordische-Götter-Konflikt bezogen auf die heutige Realität erwartet hat.
Stattdessen 5 Folgen lang "Macht korrumpiert", um dann am Höhepunkt quasi den Stecker zu ziehen und eine Runde "Leck mich doch" Marke Lynch zu spielen. Perverserweise hat der Schlusstwist mir tatsächlich noch besser gefallen als die fünf Folgen davor, denn die bestanden nur aus Streckungen, durchgehend unsympathisch gewordenen Figuren, blöden Dialoge und Handlungsansätzen, die nirgendwo hin führten.
Die letzte Folge ist wie eine Ohrfeige, die den Rest der Serie für den Zuschauer quasi redundant macht und ihre Pointe ist auch nicht besonders gut gewählt (vor allem weil die Folge quasi zu einem Drittel in Extremzeitlupe gefilmt ist), aber ich war von dem ganzen Kokolores schon so genervt, dass mich der Twist wenigstens geweckt hat.

Serie war früher mal 8, aber mit dem Finale und der S3 sinkt das alles auf 5/10.

So langsam verstehe ich, wenn alte Serien wie Perry Mason, Mannix oder Columbo mit der immer gleichen Formel endlos liefen: da wusste man, was man tut. Aber Geschichten entwickeln und zu einem richtigen Ende bringen, das können die wenigsten - und anscheinend immer weniger.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Private Joker

26 Oktober 2023, 14:17:39 #69 Letzte Bearbeitung: 26 Oktober 2023, 18:48:08 von Private Joker
Was wir fürchten (ZDF Neo / Mediathek)

Wie bringe ich als TV-Macher GEZ-Opa ZDF dazu, aktuell eine Gruselserie zu produzieren ? Klaro, kurzer Verweis auf den Kalender, das allein dürfte aber wohl nicht reichen. Dann schon eher "spielt in einer Kleinstadt, Cast ist natürlich trotzdem schwer divers" - könnte aber immer noch knapp werden. USP sollte in dem Fall aber wohl sein "wir machen da was um eine Konversionstherapie und connecten die dann mit dem Horrorthema".

Das Ergebnis ist - sagen wir es mal vorsichtig - entsprechend. Der Gruselanteil beschränkt sich auf ein paar relativ motivationslos auf Hauptfigur und Zuschauer zuspringende Tote, immerhin einigermaßen professionell gemakeuped; wenn dann die Heldin und andere Figuren regelrechte Luftsprünge vollführen, bekommt das Wort "Jump Scare" eine ganz neue Bedeutung. Sinn macht das alles nur begrenzt, schließlich gehören die Geister - MiniSpoiler ahead - irgendwie zu den Guten und reichen am Ende eine paar helfende Hände. Oder so. Mini-Spoiler Ende.

Bleibt die Frage, wie sich die Kiste mit der Konversionstherapie und dem Amoklauf mit dem Rest der Serie verträgt. Da mutmaße ich einfach mal, dass die Autoren sich vor Begeisterung auf die Schenkel geklopft haben bei dem Gedanken "jetzt führen wir den Zuschauer aber mal so richtig hinter die Fichte". Bei mir war es irgendwo in Folge 2 1/2 soweit, dass ich den Bluff (zumindest einen Teil davon) durchschaut habe; dass die Macher es nicht dabei belassen, und noch einen vermutlich von den Tatort-Kollegen geborgten zweiten Twist drangehängt haben, rechne ich aber mal zu den überschaubaren Pluspunkten der Serie.

Technisch und schauspielerisch strahlt der die leidlich fade Solidität aus, die das heutige TV durchaus mal gerne produziert. Heimatort für wirklich gediegenen Grusel werden die öffentlich-gebrechlichen aber wohl nie werden, und wenn die noch so viele Spartensender gründen. Glatt 5/10.

Dark Winds
RTL(Crime/+/whatever)

Da sind uns die Amis doch gleich mal eine Nummer voraus, wenn es darum geht, Krimi und Mystery zu verbinden, obwohl gegen den Titel und den Vorabbuzz die "magisch-mysteriösen" Anteile eher knapp ausgefallen sind. In einem Navajo-Reservat werden ein paar auf geheimnissvolle Weise umgekommene Stammesangehörige aufgefunden, zeitgleich besteht der Verdacht, dass einige gesuchte Bankräuber auch indigenen Ursprungs sind und sich in das Reservat geflüchtet haben. Ein knorriger Stammespolizist, ein zur Verstärkung entsandter, ebenfalls indigener Jungcop, eine Stammespolizistin und ein schwer durchschaubarer weißer FBI-Agent ermitteln in unterschiedliche Richtungen.

Ja, das ist mal eine Ausgangsposition, die mir gefällt, erdacht vom amerikanisch-indianischen Autor Tony Hillermann, der daraus eine ganze Serie gemacht hat. Und über die kurzen 6 Folgen der ersten Staffel (zweite kommt definitiv) hält die Interesse und Spannung auch weitgehend aufrecht. So manche Entwicklung hinterlässt bei mir ein paar Fragezeichen, gerade ansichts der Handlungszeit: eine ganze weiße Familie, auf Stammesgebiet spurlos verschwunden, und es gibt keinerlei ernst zu nehmende Suchaktion ?

Auch das Ende ist relativ generisch; entschädigt wird man durch schöne Bilder, gute Typen, ansprechende Dialoge und etwas "native-american-Background", wobei es zu letzterem Punkt auch Kritik gab von den absoluten Kennern bzw. Betroffenen. Die Macher haben für S2 Besserung gelobt, mir ist da aber kein Übermaß an Folklore aufgefallen. Bin aber auch in Sachen indigener Kultur nicht weit über Karl May hinausgekommen.

Insgesamt eine runde Sache, 7/10.

Und noch eher kurz: Zu Ragnarörk S3 wurde ja schon einiges gesagt; nach Durchleidung der Staffel würde ich mich den zurückhaltend-negativen Stimmen anschließen. Dermaßen wild darf man so etwas einfach nicht beenden und schlimmstenfalls die ganze vorherige Serie negieren; dass das "gedachte" titelgebende Finale relativ flau ist und die ganze 3. Staffel keinerlei echte Höhepunkte enthält, kommt noch erschwerend dazu. Hierfür nur 4/10.
Und, mal kurz angetestet "Drift" - der Versuch von Sky/Wow so eine Art "Alarm für Cobra 11" mit deutlich weniger Action, aber - ganz minimal - mehr Niveau zu produzieren, erzeugt letztlich nur lähmende Langeweile. Wenn Cobra 11 der Mitsubishi Evo des Autofilms war, dann ist das hier ein Dacia Spring mit dem kleinen Motor. Wegen Abbruch keine Endwertung...
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

StS

Passend zum heutigen Tag mal wieder folgende Episode geschaut:


Klassiker  :happy3:  War mal wieder nett anzusehen... samt der damit verbundenen Erinnerungen an damals als Kind in den Staaten, wo ich die Folge erstmals im TV gesehen hatte...
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Moonshade

Witzig, hab ich gestern auch noch mal reingeschaut - und mich erinnert, dass ich das buch zu dieser Folge noch im Schrank habe, koloriert, wie es damals nicht üblich war.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Private Joker

11 November 2023, 13:00:29 #72 Letzte Bearbeitung: 12 November 2023, 15:50:06 von Private Joker
Die Therapie (Amazon Prime)

Ehrlicherweise konnte ich mich bislang noch nicht dazu überwinden, mal einen Fitzek zu lesen; den bisher (wohl einzigen) seriellen Versuch (die Sache mit dem Kreuzfahrtschiff auf RTL) habe ich nach ein paar Folgen abgebrochen, den Film (Abgeschnitten oder so) mit der Insel fand ich ganz passabel.

So eine einsame Insel gibt es auch hier. Oder eben nicht. Selten eine Serie gesehen, die beim Versuch der Spannungserzeugung so massiv auf die Karte "kann passiert sein oder auch nur eine Fantasie der Hauptigur" setzt. Das halte ich generell und ehrlich gesagt für einen mehr oder weniger billigen Taschenspielertrick, aber im Kontext einer Serie mit diesem Titel und um reichlich Komapatienten und Vielleicht-Verrückte macht es irgendwo sogar Sinn. Wobei in einigen Szenen, vor allem mit dem Auto, natürlich offensichtlich ist, dass das so nicht passiert sein kann. Absicht oder technische Schlamperei ? - judge for yourself.

Ungeachtet einer gewissen Voreingenommenheit gegenüber deutscher Genreware - so einiges funktioniert doch erstaunlich gut. Zum Beispiel der relativ gekonnte Perspektivwechsel bezüglich der Hauptfigur - so ganz unbemerkt wird einem da der anfangs eher nebensächliche und wenig sympathische Dr. Roth (Trystan Prütter) als eigentlicher Angelpunkt der Handlung untergejubelt. Und so das eine oder andere Mal geht man den Autoren dann doch auf den Leim, vor allem gegen Ende - wobei, schöner Gruß vom Zeitgeist - da auch noch mal eine deutliche Änderung zum Roman vorgenommen wurde. Habe ich irgendwo gelesen. Auch schauspielerisch ganz solide, vor allem Zengel (die im Gegensatz zu vielen US-Serie auch das richtige Alter für die Figur hat) und Kampwirth.

Also: Ein "schlechter Witz", wie eine "führende" TV-Zeitschrift titelte, ist das aus meiner Sicht nicht, eine gewisse Cleverness in Machart und Handlung schimmert da schon durch. Und man bleibt bis zum irgendwo sogar ganz befriedigenden Ende dran, auch nicht selbstverständlich beim deutschen TV-Schaffen. Sicher in gewissem Rahmen Geschmackssache und auch eine Portion heiße Luft, aber für mich dann doch irgendwo ganz ansehbar.5,5/10.

Und zur Machart passenderweise nur kurz: Doppelhaushälfte (Halloween-Spezial) - launige Sonderepisode einer mir bislang entgangenen Multi-Kulti-Sitcom auf ZDF-Neo. Erst ein paar für ö-r-Verhältnisse freche Fußtritte gegen Corona-Hysterie, dann ein eingebauter von den Schauspielern vorgetragener Jugendschutzhinweis und dann noch ein bisschen Gesplatter in einer 10-minütigen Kurzepisode. Kann man mal so machen.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

StS



Ursprünglich als Kino-,,Reboot" der Franchise gedacht – dann aber doch zu einer Serie umkonzipiert – entpuppt sich ,,the Exorcist" Season 1 (2016) als ein brauchbarer ,,10-Teiler", der sowohl direkt an die Ereignisse von William Friedkin´s 1973er Klassiker anknüpft (inhaltlich mit der entsprechenden Zahl an Jahren in der Zwischenzeit vergangen) als auch ,,eigene Wege" beschreitet...

Ordentlich produziert und in Szene gesetzt (bei der ersten Folge führte bspw. Rupert Wyatt Regie), werden einem die Geschehnisse (etwa von der Optik, Kamera- und Editing-Arbeit her) ,,handwerklich zeitgemäß" präsentiert – ohne sich dabei zu weit vom Stil der Vorgänger-Streifen zu entfernen. Werken dieser Art grundsätzlich zugeneigte Zuschauer könnten/dürften auf ihre Kosten kommen...

Erfreulich zudem, dass die erzählte Geschichte anständig ausgearbeitet wurde – und das auf die Charakter-Zeichnungen ebenso wie auf einige durchaus interessante Subplots bezogen. Die versammelte Besetzung weiß zu gefallen und zu überzeugen – allen voran Geena Davis, Ben Daniels, Alan Ruck, Hannah Kasulka, Alfonso Herrera, Brianne Howey und Robert Emmet Lunney...

Das Tempo der Staffel empfand ich als angemessen bzw. als zufrieden stellend bemessen. Übermäßig originell, gruselig oder gar ,,verstörend" ist das Gebotene zwar nicht gerade – wohl aber punktuell nett creepy, spannend, dramatisch sowie mitunter auch ,,leicht unangenehm" (bspw. bei einem Effekt, der mit Augen zu tun hat). Wahrlich prima sind indes die Make-up-Kreationen geraten...

6/10
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Wolfhard-Eitelwolf

The Worst of Evil

Bei Disneyplus gibt es im OmU diesen hochwertig produzierten Korea/Japan/China-Undercoverkrimi, der in den 90ern im bekannten Gangnam spielt und dem recht standardisierten Grundplot noch eine Portion Dreiecksbeziehung und eben die Internationalität beimischt. Etwas anstrengend durch die oft extrem schnell ausgeblendeten Untertitel, aber alles in allem sehr hochwertig. Hätte auch zwei Episoden kürzer ausfallen können, aber 8/10 sind es am Ende dennoch, wobei die hinteren Episoden eher bei 7 stehen.

Private Joker

26 November 2023, 13:12:42 #75 Letzte Bearbeitung: 26 November 2023, 15:19:06 von Private Joker
Zunächst mal ein paar News zu gecancelten Serien ohne eigene Threads, die hier schon mal erwähnt wurden:

Eingestellt wurden u.a. "Shadow & Bone" nach Staffel 2 (natürlich von Netflix), wobei auch alle geplanten Spin-offs um die Krähenbande entfallen, sowie "Harlan Coben's Shelter" von Amazon. Zu letzterem kann ich nur sagen "gut so", bei S&B hat es wohl auch reichlich negative Reaktionen zur Absetzung gegeben. Meine klare Meinung: Das ganze Projekt stand unter keinem so guten Stern, selbst wenn man die Qualtät der Serie positiver beurteilt als ich. Die ersten drei Bücher auf 2 Staffeln einzudampfen UND dann noch die Krähenbücher dazu zu nehmen, war sicher keine gute Idee; damit war letztlich der große Handlungsbogen abgearbeitet, der angeklebte und buchfremde Pseudo-Cliffhanger war zwar überraschend bis absurd, aber letztlich belanglos. Kein Wunder, dass Netflix das als Vorlage für die Absetzung genommen hat. 

Auch "Das Boot" (Sky/Wow) wird nach Staffel 4 ziemlich sicher nicht weitergehen, ein paar Worte zum Finale dann auch hier und nicht im eigenen Thread - ganz ehrlich, den für diese restlos banalen letzten 6 Fölglein noch mal hochzuholen, wäre wirklich unverdient. Das ist nur noch titelferner Mumpitz, bei dem die Autoren den Fokus für Gut und Böse völlig verloren haben, letztlich lachhafte Soapintrigen mit SS-Beteiligung und reichlich Leichen anhäufen sowie ein paar historisch vermutlich nie stattgefundene Widerstandshandlungen abfeiern (gefühlt sind da 5 von 6 Hauptfiguren mindestens mal hitlerkritisch). Von den titelgegebenden U-Booten ist wenig zu sehen, dafür gibt es wieder kriegsgewinnlerisch veranlagte Amis; dass die Autoren für dieses ihr Lieblingsthema keine größeren Shitstorms kassieren, kann eigentlich nur an der geringen Resonanz liegen, die die Serie noch hat. Ach ja, die Untertitel unter die italienisch/englischen Passagen hat Wow bei mir auch vergessen. 3,5/10.

For All Mankind (AppleTV) - Staffel 1/2

Eine von Apples Prestigeprojekten, zunächst als reine Parallelwelt-Story gestartet, mittlerweile in Staffel 4 und damit in echten SF-Gewässern (Mars-Besiedlung, Asteroidenabbau) angekommen. Das Ganze basiert auf der kühnen These, dass die Entwicklung der Menschheit anders und im Kern deutlich besser verlaufen wäre, wenn die Russen den Mond zuerst erreicht und damit die Amis zu einem viel länger dauernden Weltraum-Wettlauf motiviert hätten. Das ist offenkundig die sehr private Weltsicht von SF-Spezi Ronald D. Moore, der bislang sowohl eher naiv-optimistische Zukunftsvisionen wie die ST-NextGen, aber auch düstere Weltraumkriegsepen wie den Battlestar Galactica-Neuaufguss (mit) zu verantworten hat. Ich persönlich finde auch "Mankind" in Teilen arg naiv - dass die Emanzipation der Frauen bei der NASA und in der Gesamtgesellschaft viel schneller fortschreitet, weil die Russen da mal wieder zuerst dran waren mit der weiblichen Astronautin, ist im Kern lachhaft und letztlich dem Zwang geschuldet, so eine aktuelle Serie nicht historiengerecht als Parade weißer und (mehr oder weniger) alter Männer aufzuziehen. Zur rosaroten Brille passt, dass die klassischen Weltraumpannen (Apollo 13, Challenger) unter den Tisch fallen, ein paar Unfälle gibt es spannungshalber aber trotzdem. Auch die Mischung aus überwiegend fiktiven Charakteren gemischt mit alternativen Versionen realer Persönlichkeiten (von Braun, der hier kontrahistorisch mit seinen Verbrechen konfrontiert wird, oder Astronaut Gordon "Gordo" Cooper - leicht verfremdet als "Stevens") fand ich etwas befremdlich.

Machart und Technik entsprechen dem gewohnten Apple-Standard: Solides Budget, zum Teil sehr ordentliche Weltraumeffekte, die allerdings auch ein bisschen steril bis künstlich aussehen, vor allem die "Mondszenen". So manches, was man damals in der verwaschenen Uraltoptik der Originalaufnahmen gesehen hat, noch mal als realitätsnahe UHD-Effeke zu bestaunen, ist schon beeindruckend und hat fast etwas leicht rauschhaftes.

Dramaturgisch fand ich das mit der massiven Konzentration auf menschliche Konflikte, Dramen, Dialoge aber auch relativ zäh, da werden persönliche Probleme und Traumata in wirklich endlosen Mono- und Dialogen aufgearbeitet. Klar, die Zeit muss gefüllt werden, aber ganze Subhandlungsstränge wie die um das mexikanische Mädchen, das - man ahnt es bei ihrem ersten Auftritt - einst eine wichtige Rolle im Raumfahrtprogramm spielen wird, wirken einfach nur gewollt und zielgruppenhalber angeklebt.

In der Summe nicht ganz mein Bier, trotz durchweg mehr als solider Machart. Über die leicht naive Weltsicht kann man zur Not hinwegsehen, ist halt eine fiktive, wenn auch in vielen Details arg unplausibe Pseudo-Historie. Aber das die Serie sehr soapig daherkommt und sich zwar in relativ massiven Zeitsprüngen nach vorne bewegt, aber trotzdem vom Tempo her eher nach Weltraumschnecke als nach Warp 9 anfühlt, finde ich doch schwer zu übersehen. Leicht subjektive 5,5/10.

Slow Horses
(Apple TV) Staffel 2

Dann lieber die hier beim Apfelstreamer - da weiß man, was man hat. Der grummlige MI:5-Outcast Jackson Lamb (Gary Oldmann) und seine Looser-Truppe (die allerdings, Minimalkritik ahead, immer noch erstaunlich viel drauf hat) bieten auch in Staffel 2 das erwartbar/gewünschte: Knackig-zynische Dialoge, eine gut abgehangene Spystory und grundsolide Krimi-Spannung. Letzere vielleicht einen Tick gedämpfter als in Staffel 1, wo es um wirklich "große" Dinge ging, aber dafür tritt es die "Horses" diesmal auch persönlich - nicht ganz vollwertiger Ersatz, aber es kann ja nicht in jeder Staffel um die Rettung Englands gehen. Immer noch (diesmal leicht knappe) 8/10, Staffel 3 und weitere sind gesichert und können gerne kommen.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Private Joker

1 Januar 2024, 22:51:15 #76 Letzte Bearbeitung: 1 Januar 2024, 22:53:51 von Private Joker
Culprits (Disney+)

Zeitgemäßer Action-Caper, wenn man das mal positiv formulieren will, mit massiv zerwürfelter Chronologie, hochdiversem Cast und einigen putzigen Gimmicks wie die ganzen Tarnnamen. Macht zeitweise ganz gut Laune, vor allem solange Niamh Algar als coole (deutsche?) Killerin "Specialist" im Bild ist. Auch einige der Actionszenen - sowohl mit als auch ohne Schusswaffe - können sich sehen lassen, wobei man schon klar sagen muss: Der in endlos viele kleine Rückblenden zerlegte große Coup ist in dieser Darreichungsform nicht das Highlight, das er sein könnte.

Das gilt dann erst recht für die letzte Episode und inbesondere das Finale, das man in dürren Worten als schwer enttäuschend bezeichnen muss, sowohl in Sachen Action wie als Endpunkt der Story. Mini-Pluspunkt immerhin für die fehlende Spekulation auf eine zweite Staffel - trotzdem: Mal wieder bleibt in der Schlussphase einer eigentlich gut gestarteten Serie auch eine bessere Wertung liegen als knapp 6/10.

Obliterated (dt. Titel wohl "Völlig Zerstört" - Netflix)

Kudos, das muss man sich erst mal trauen heutzutage - eine abgefahrene Mischung aus Hangover-Humor, Brutalo-Action, nackten Tatsachen und insgesamt reichlich non-pc-Szenen. Erdacht wurde die ein wenig an die früheren Produkte von T&A-Filmer Andy Sidaris erinnnernde Serie ausgerechnet von den Machern des nicht nur vergleichsweise eher biederen "Cobra-Kai". Netflix hat denen nach diesem Hit dann offenbar Carte-blanche gegeben, was die unter dem Motto "wenn schon scheiße, dann aber richtig" auch durchaus ausgenutzt haben - das Feuilleton reagiert jedenfalls schon mal pflichtschuldigst empört.

Wobei, um das klar zu sagen, auch bei mir die letzte Begeisterung nicht ausbrechen mag, denn für eine Serie mit DEM Anspruch nimmt sich das Ganze immer noch zu ernst und versucht neben dem ganzen Blödfuck auch noch eine halbwegs seriöse Agentenstory zu erzählen um den generischsten McGuffin überhaupt, eine Koffer-Atombombe. Und, vielleicht weil ursprünglich als Film geplant: die Dichte krasser, abgefahrener Szenen könnte auch noch etwas höher sein, bisweilen zieht sich das ganz schön. Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich noch mehr von Highlights der Machart "Pimmelfolter" sehen möchte; auch die Sachen mit dem Gremlin und der Fast-Leiche (heftig von "Bernie" geklaut) sind keine Sternstunden des tiefgründigen Humors (gelacht habe ich trotzdem). Immerhin kommt die cgi-gestützt blutige Action leidlich knackig rüber, könnte aber insgesamt noch etwas häufiger und spektakulärer sein. Schauspielerisch reißt da auch keiner Bäume aus, aber die zugedachten (Klischee-)Rollen füllen die schon einigermaßen aus; leicht ärgerlich die ständigen Versuche, den Zuschauer mit dem Tod von Hauptfiguren hinter die Fichte zu führen.

Aber was soll's - anders als die etablierte Kritik hatte ich durchaus meinen Spaß, schließlich bekommt man die Machart nicht mehr allzu oft zu sehen. Dafür dann mal nett gemeinte und objektiv eher unverdiente 6,5/10.

"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Private Joker

13 Januar 2024, 20:40:33 #77 Letzte Bearbeitung: 13 Januar 2024, 23:05:45 von Private Joker
Fool me Once (dt. Titel wohl "In ewiger Schuld" - Netflix)

Für mich der zweite Coben nach "Shelter" - und eindeutig besser, gehört aber auch nicht wirklich viel dazu. So recht verstehen, was den zum Thrillerpapst macht, werde ich aber nach diesen vermutlich abgeschlossenen 8 Folgen nicht.

Gut, sagen wir mal es vorsichtig, die sind schon relativ komplex. Zumindest, wenn für "komplex" das Anhäufen diverser Handlungsfäden genügt - relativ zeitnahes Ansehen bis leichtes Bingen zwecks Beibehaltung der Übersicht sei hier dringend empfohlen. Wirklich etwas zur Haupthandlung bei tragen die diversen Fäden aber längst nicht durchgehend, zum Beispiel die Ausflüge in das Privatleben und gesundheitliche Befinden eines Cops, oder die Kiste mit den Nichten/Neffen der Hauptfigur auf der Suche nach ihrem Halbbruder.

Kommen wir mal zur Hauptkrimihandlung: Da steht man bei Schreiben so einer ex-Post-Minikritik immer noch leicht unter dem Eindruck der Auflösung und des Schlusses, die tatsächlich leicht überraschend, wenn auch nicht unbedingt sensationell sind (vor allem müsste man das Ganze dann eigentlich gleich nochmal sehen, um das in den Details auf "passt mit dem Schluss zusammen" abzuchecken, woran ich ganz leise Zweifel anmelden würde).

Wozu (also zu der Zweitsichtung) man ehrlicherweise wenig Lust verspürt, denn die Haupthandlung generiert in der Summe nur relativ maßvolle Spannung. Was zu einem guten Teil daran liegt, dass Buch und Regie mit der Hauptfigur wenig anzufangen wissen. Das Trauma der Pilotin wird eher behauptet als begründet, und eine ernsthafte Bedrohung kann das Drehbuch für die Heldin auch nicht generieren. Dabei hätten sich einige gängige Genrestandards geradezu aufgedrängt (zB sie wird mal verhaftet und die reiche Familie des Mannes macht ihr das Sorgerecht ernsthaft streitig, oder aus der angetexteten Pharmaverschwörung folgt auch mal ein physischer Angriff auf sie). Dementsprechend gibt es auch keinerlei Action zu vermelden, was schon schade ist, wenn man schon eine gutgetrainierte Soldatin in den Mittelpunkt stellt. Optisch setzt die Serie auf ein attraktiv-langweiliges britisches Upperclass-Milieu: gediegene ländliche Anwesen und Edelstadtwohnungen, teure Klamotten und schnieke Karren, was bei mir auch nicht unbedingt zu herzrasendem Mitfiebern mit den dafür vermutlich angedachten Figuren führt. Schauspielerisch immerhin ganz ansprechend, gerade Lumley hat man eine kleine, aber feine Rolle auf den Leib geschrieben, Armmitage dagegen wird weitgehend in Rückblenden versteckt und damit leicht verschenkt.

Final würde ich für einen optisch und darstellerisch soliden, aber alles andere als mitreißenden Standardkrimi ohne jede Ambition in Richtung Action, Spannung oder Thrill mal sehr knapp 6/10 vergeben, da ist aber schon mal mindestens ein Extrapunkt für ein "Ende mal nicht von der Stange" enthalten.

For All Mankind (Staffel 3/4) Apple TV+

Bleibe da bei meinem sehr zwiespältigen Eindruck aus dem Vorvorpost- einerseits ist die Lust, sich gleich noch eine Folge anzusehen, bei der Serie zumindest in Teilabschnitten durchaus gegeben, und die Optik gerade in den Szenen auf und besonders über dem Mars übezeugt nach wie vor. Anderseits ärgert man sich in S3/4 fast noch mehr über die nonchalante Hinweggehen über reale Gegebenheiten und Zwänge der Raumfahrt und die schnarchige Soapdramaturgie. Nicht zu vergessen das gerade bei Kinnaman sehr bescheidene Altersmakeup - wogegen man einige der weiblichen Darsteller optisch fast unverändert über Staffel 2-4 auftreten lässt.

Fürs Protokoll: Die dritte Staffel ist zumindest thematisch die interessanteste, generiert tatsächlich phasenweise so etwas wie echte Spannung. Wobei man über das Projekt "Marsflug", wie es hier geschildert wird, einmal mehr heftig den Kopf schütteln kann. Nur mal so zur Einordnung: Wir, also die KI- und quantencomputergestützten Menschen des noch jungen Jahrees 2024 tun uns fortlaufend schwer, da unbemannte Raketen um und Sonden auf den Mond zu platzieren. Die Serienfiguren des Jahres 1995 erreichen den Mars dagegen so easy wie unsereiner Neuseeland - in gefühlt drei Tagen Flugzeit, zum Teil mit künstlicher Schwerkraft an Bord eines ehemaligen Weltraumhotels (!) und das nicht nur die Amis oder die Russen. Sondern auch völlig überraschend die Nordkoreaner, ganz zu schweigen von einem afro-amerikanischen Elon-Musk-Verschnitt mit seinem privaten Raumfahrtunternehmen.

In Staffel 4 sackt dann allerdings auch das eh nicht hohe Tempo nochmals weiter ab: Der geplante Asteroidenabbau ist nur ein Alibianker, der über weite Teile der Staffel kaum eine Rolle spielt. Statt dessen gibt es zähe Blicke auf Russland, und die Kiste mit den ausgebeuteten Marsarbeitern und vor allem um die "Mars-Mafia" bringen auch nicht gerade atemberaubende Spannung auf den Schirm. Nicht dass das Thema völlig unterinteressant wäre, aber "The Expanse" hat das vor ein paar Jahren schon deutlich knackiger behandelt. Dass man unter den Figuren rund um den relativ altersstarrsinig dargestellten Kinnaman kaum noch einen echten Sympathieträger findet, rundet das leider eher nach unten ab.

Von mir für S3 mit 6/10 Serienbestnote, S4 nur knapp 5/10. Gemessen am getriebenen Aufwand müsste da eigentlich deutlich mehr rumkommen...

Und noch ein kurzer Blick auf Wows "The Lazarus Projekt", das überraschend doch eine Staffel 2 bekommen hat. Dürfte aber die letzte sein, weil Sky das Selbstproduzieren von Serien wohl einstellt - vermutlich aber auch sonst, denn das leicht veränderte Leitmotiv (echte Zeitreisen statt eines globalen "Murmeltiereffektes") hat der Sache nicht gutgetan. Genau gesagt richten die Autoren ein furchtbares Chaos aus Zeitsprüngen, Zeitveränderungen und Selbstbegegnungen an, das sie vermutlich selbst nicht mehr durchschaut haben. Von mir als Zuschauer ganz zu schweigen - soweit mal nur noch um 4/10, wobei ich noch zwei Folgen lustlos vor mir herschiebe.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

StS

Auf einem gleichnamigen Fantasy-Action-Horror-Web-Comic basierend, handelt es sich bei der koreanischen ,,Netflix"-Realfilm-Serie ,,Sweet Home" (OT: ,,Seuwiteuhom") um eine ziemlich wüste Angelegenheit. Im Mittelpunkt steht dabei eine Gruppe unterschiedlicher Personen, die sich in ihrem Apartment-Hochhaus verschanzt hat, als ihr Land auf einmal von Monstern ins Chaos gestürzt wird. Doch auch dort drinnen sind sie nicht sicher, denn die Kreaturen sind mutierte Menschen – und wie es scheint, kann sich jeder diese Infektion einfangen: Wie und warum, das ist so nicht offensichtlich. In klassischer (gewohnter) Weise kommt es kommt zu Spannungen und Misstrauen untereinander, wird regelmäßig gekämpft und gestorben, werden Allianzen gebildet, herrscht Gefahr ,,von innen und außen" und scheint die Regierung bzw. das Militär mal wieder ,,mehr" zu wissen... 

Season 1 (2020) ist in so ziemlich allen Belangen ,,uneben" – was aber mit zum Reiz des Ganzen beiträgt. Unweigerlich hat mich das ein wenig an die japanische ,,Welzard Handy Novel"-Realfilm-Adaption ,,re:member" (,,Karada Sagashi", 2022) erinnert. Die Monster, von denen keins dem anderen gleicht, kommen bizarr und grotesk daher und wurden in Form einer Kombination aus praktischen und Computer-animierten Effekten erschaffen – welche allerdings von arg schwankender Qualität sind. Doch irgendwie passt das zu dem Ausgangsmaterial – ist trashy, chaotisch und Comic-haft. Es ist so, als hätte man nicht das Budget gehabt, um die wilde Fantasie der Vorlage möglichst optimal und treffend umzusetzen – sich aber trotzdem dafür entscheiden; mit einem Augenzwinkern und einem selbstbewussten ,,Fuck it!" im Sinn...

Mit einem mitunter hohen Tempo, Action-Gehalt und Härte-Grad aufwartend, wird das Treiben allerdings nie ernsthaft verstörend – dafür ist es schlichtweg ,,zu abgedreht". Immer wieder wird sich aber auch (ruhiger) den Figuren und gewissen psychologischen Komponenten gewidmet. Es gibt eine Menge Charaktere – unter ihnen toughe und clevere Männer und Frauen, Widerlinge und Feiglinge sowie einen, der regelmäßig zwischen Mensch und Monster wechselt – doch weisen sie erfreulich viel Individualität auf und wurden sie überwiegend ordentlich verkörpert. Indes fand ich einen oft genutzten Song der Imagine Dragons irgendwann nur noch lachhaft-nervig – doch an sich wurde ich zufriedenstellend unterhalten; mit einzelnen ,,Höhen und Tiefen" im Zuge dessen. U.a. dank der zur Schau gestellten Kreativität werde ich bei ,,Sweet Home" auf jeden Fall weiter am Ball bleiben...

6,5/10
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Moonshade

Zu den interessanten Serienkuriositäten zählt sicherlich Loudermilk, die von Netflix jetzt ins Programm genommen wurde.
Eine halbstündige Dramedy dreht sich die Serie den Leiter einer Alkoholiker- und Drogenselbsthilfegruppe und die Personen seines Umfelds. Er selbst ist ein ehemaliger Musikkritiker und jetzt trocken - aber ein miesepetriger Stinkstiefel vor dem Herrn, was angesichts der bekloppten Typen, die seine WG und seine Gruppe bevölkern, manchmal auch verdient ist. Er steht sich häufiger selbst im Weg, hat aber seine Gruppe (meistens) im Fokus, versenkt aber seine Zähne häufiger im Zeitgeist.
Das alles ist meistens - es kommt von den Farrellys - ziemlich schräg und verdammt witzig, wobei der geschmacklose Humor von vor 20 Jahren zum Glück verschwunden ist, aber schön draufhauen können sie immer noch, wobei ich der Serie das Kompliment machen muss, dass reihenweise eingeschränkte oder anderweitig bemerkenswerte Darsteller hier komplett kommentarfrei eingearbeitet werden. Nebenbei ist es mit dem Drogenrückfallthema durchaus ernst und zwischendurch auch richtig bitter.

Die Serie ist ein seltenes tragisches Beispiel bei dem eine Serie nicht eingestellt wurde, sonst gestoppt, als die Produktionsfirma quasi in der Pandemie den Sendedienst den Betrieb eingestellt hat und ein Weiterdreh nicht weiterfinanziert werden konnte.

Hat viele schräge und schöne Momente, sind 30 Folgen a 30 min, hier und da nervt auch mal was (speziell ein Figurenpaar in der 1.Staffel), aber sehr zu empfehlen. 8/10
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Private Joker

26 Februar 2024, 14:16:20 #80 Letzte Bearbeitung: 26 Februar 2024, 22:14:20 von Private Joker
The Brothers Sun (Netflix) - und ein bisschen was zu American Born Chinese (Disney+)

Also vorweg: Ich gönne Frau Yeoh den großen internationalen Erfolg in der sagen wir mal Herbstphase ihrer Karriere - und dass ohne sich in einem Alter, in dem manche über Vorruhestand nachdenken, noch die Knochen brechen zu müssen oder sich ständig von einem PC doubeln zu lassen.

So ein bisschen würde ich ihr aber schon wünschen, dass sie auch mal die Drehbücher zu den diversen Projekten liest, die ihr da angeboten werden. Dabei wäre ihr vielleicht aufgefallen, dass sich die erstens schon ziemlich massiv ähneln, dass die zweitens nicht unbedingt irgendwelche Herausforderung für sie darstellen oder große Handlungsanteile für sie bereithalten, und drittens auch insgesamt nicht so dolle sind. Oder anders ausgedrückt: So richtig viel eingefallen ist den Autoren in beiden Fällen nicht, außer so ein dürrer Standard-Plot Marke "Chinesen kommen nach USA-Land und dürfen sich ein bisschen mit anderen Asiaten oder den Einheimischen rumkloppen".

"American Born".. ist die jugendfreie Teenie-Variante und (für mich) schnell abgefrühstückt, weil ich den Quatsch genau bis Folge 4 durchgehalten habe. Die ist dann wortwörtlich ein reines Affentheater, schlecht als Tiergötter verkleidete Darsteller singen und tanzen sich durch eine völlig absurd-abgedrehte Nicht-Handlung, wobei wirklich jeder Dialogfetzen auf chinesisch mit Subs ist. Da war ich raus - aber auch bis dahin gab es außer ein paar leidlich kompetent inszenierten Teenie-Kung-Fu Szenen mit etwas flauem CGI-Zauber wenig, was mich zum Dranbleiben motiviert hätte, die Jung-Darsteller wirken unengagiert, und worum es bei der Serie eigentlich geht, habe ich auch nicht verstanden. Da wäre ich für die erste Halbzeit maximal bei 3-4/10 gewesen, die besagte Folge 4 wäre für mich dann seltener Fall von 1/10.

Brothers Sun ist die etwas erwachsenere und natürlich auch bessere Version, gehört nicht viel dazu. Wobei jüngere Zuschauer mit einer bestimmten Figur trotzdem ins Boot kommen sollen - hat aber  eher so mittel geklappt, derjenige wird nie wirklich mit der Handlung verbunden und trifft auch einige sonderbare Entscheidungen, damit der Plot so läuft wie er läuft.

Weil der nicht als Fighter in Frage kommt und weil Yeoh wohl gesundheitlich nicht mehr ganz auf der Höhe ist, bleibt die Action weitgehend bei Justin Chien sowie einigen ganz coolen Frauenfiguren hängen, und was da geboten wird, ist auch durchaus ansehnlich: Ein paar brauchbare Fights (Highlight: Die Driving Range-Sequenz), ein paar etwas abgespeckte John-Wick-Ballereien, soweit alles o.k., aber leider auch maximal eine Szene pro Folge und insgesamt etwas wenig davon. Überdies kommt man an der Erkenntnis nicht vorbei, dass in den Minuten und/oder Folgen, in den nicht gehauen und geschossen wird, eine ziemlich bleierne Langatmigkeit über der Serie hängt. Weder der "diverse Triaden/Boxer/Tong/Clans gegeneinander"-Standardplot noch die Dialoge oder die Figuren mit ihren "was soll ich werden - Fighter/Bäcker oder Gangster/Arzt/Improkünstler" -Problemen generieren wirklich Interesse.

So bleibt das eine passable Actionserie mit ordentlicher, aber nicht genug Action, um die grenzöde Handlung vergessen zu machen. Knapp 5/10 - und damit nicht mal in Schussweite zu "Warrior" von HBO/Cinemaxx.

Surreal Estate Season 2
- (Wow)

Bin von der Serie ja nicht sooo begeistert wie andere hier; und die etwas überraschend zustande gekommene Staffel 2 ändert das auch nicht grundlegend. Andererseits zeigt die Serie in ihren guten Momenten und Episoden, dass die grundlegende Kompetenz für eine Mixtur aus viel Procedural und etwas Serial in Hollywood (wobei der Look der Staffel überwiegend kanadisch ist) noch nicht völlig abhanden gekommen ist.

Was gefiel mir, was nicht ? Sagen wir mal so, für eine Serie, die ihren Grusel, Spuk und Horror zumindest ansatzweise ernst nimmt, ist das teilweise schon leicht lachhaft - die Geisternamen, die seltsamen Apparaturen, einige Handlungselemente, irgendwie erwartet man da fast minütlich das Auftauchen von Slimer.
Andererseits: Einige Folgen sind schon nicht übel (mein Fav: die mit dem TV-Geisterjäger, der überraschenderweise nicht zur Lachnummer gemacht wird), die Figuren sympathisch, und die Verbindung von abgeschlossenen Elementen mit übergreifenden Arcs gelingt überwiegend ganz ordentlich. Manches löst sich zu einfach in Wohlgefallen auf, wie der Verlust der Fähigkeit von "Luke", und die Versuche, am Ende Abschluss und Cliffhanger zugleich zu konstruieren, überzeugen mich wenig.

Eine Staffel 3 soll es - gerüchteweise - aber wohl geben, kann von mir aus auch kommen. Solange 6/10 von mir - muss jetzt mal bei S2/3 vom ähnlich konstruierten "Evil" reinschauen, da hatte mir die erste Staffel eigentlich sogar einen Tick besser gefallen.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Hitfield

For All Mankind (Apple TV+)

Es scheint keinen eigenen Thread zu einer der erfolgreichsten Serien von Apple TV+ zu geben. Wie dem auch sei, Science Fiction ist mein Lieblingsgenre und Ronald D. Moore, einer der Erfinder der Serie, hat mit "Star Trek: The Next Generation", "Star Trek: Deep Space Nine" und "Star Trek: Voyager" einige fantastische Referenzen vorzuweisen.

Um es kurz zu machen: Die Prämisse von "For All Mankind" ist nicht mein Fall und in Verbindung mit der Umsetzung für mich der Grund, die Serie nach der Pilotfolge abzubrechen. Ich finde das alles ziemlich naiv und selbst für eine Serie mit alternativer Zeitlinie wenig plausibel und durchdacht. Vor allem ist das alles unendlich langsam erzählt, langweilig und belanglos. Bei Boomern und Generation Xern dürfte bei dem 60er-Jahre-Overkill mit den Autos, Einfamilienhäusern, braven Hausfrauen, der "Swinging 60's"-Mucke usw. die pure Nostalgie ausbrechen, aber mich lässt das - im Gegensatz zu z. B. Mafiafilmen von Martin Scorsese wie "GoodFellas" - völlig kalt. Das ist alles nur Staffage.

Mal wieder eine hochgelobte, gut bewertete Streaming-Serie, die bei mir durchfällt. Sehr knappe 4/10.
"All those moments will be lost in time, like tears in the rain."

Private Joker

19 März 2024, 18:32:29 #82 Letzte Bearbeitung: 31 März 2024, 14:12:31 von Private Joker
Zitat von: Hitfield am 19 März 2024, 01:15:06Bei Boomern und Generation Xern dürfte bei dem 60er-Jahre-Overkill mit den Autos, Einfamilienhäusern, braven Hausfrauen, der "Swinging 60's"-Mucke usw. die pure Nostalgie ausbrechen,..

Hier sitzt ein Boomer, der von der Serie auch nicht so begeistert war, ein paar Post weiter oben schrub ich u.a. "Gemessen am getriebenen Aufwand müsste da eigentlich deutlich mehr rumkommen." Trotzdem ist das alleinige Ansehen der Pilotfolge in dem Fall imo ein Fehler, so einen gewissen Sog entwickelt die bei aller Kritik dann doch. Moores leicht naiv-alternative Weltsicht muss man natürlich schlucken, aber auch "sein" Star Trek ist ja eine Zukunftsvision, die weder in den Details noch im Ganzen und am wenigsten in der Haltung (die Menschheit als Friedenbringer für das halbe Universum, ha ha, selten so gelacht) realistätsnah war.

Bei der Gelegenheit dann auch mal zwei Antestungen, die ich aus verschiedenen Gründen erst mal nicht zu Ende führen kann oder will.

Shogun
(Disney+)

O.K. hier liegt es daran, dass mein Guthabenabo enden wird, bevor die Serie in diesen lästigen Wochendosen durch ist. Einen Grund, den Kanal nur deshalb zu verlängern, sehe ich trotz des fast universellen Lobes nicht.

Zur Begründung muss ich, Boomer eben, mal ein bisschen ausholen. Die auf Clavells Roman basierende Serie gab es (bekanntlich?) 1980 schon einmal; damals wurde nicht gespart: Richard Chamberlain, Toshiro Mifune, Drehort ausschließlich Japan, und es wurde ein echtes Segelschiff (der Nachbau der "Golden Hind") dorthin geschippert. Und weil die Serie ein veritabler Erfolg war, zog das "Kopfkissen teilen" für Sex und die Anreden wie "Anjin-San" und "Toranaga-Samma" zumindest kurzzeitig in den Sprachgebrauch ein.
 
Das wird dem Remake eher nicht passieren. Hier haben wir nun statt dessen eine charismabefreite Nase als Navigator, den unvermeidlichen Sanada als Shogun (was o.k ist, keine Kritik), Drehort ist zT Kanada, die Segelschiffe CGI (leidlich solide, solange es nicht stürmt). Den damaligen Dreh, das nur aus der Perspektive des Engländers zu erzählen und damit das Japanisch weitgehend nicht zu untertiteln (teilweise dann von der jungen Frau übersetzt), hat man auch über Bord gehen lassen. Intensive, leicht anstrengende  Lesestunde ist daher angesagt, wenn sich die japanischen Mächtigen über die Ziele austauschen und ihre Intrigen spinnen. Zum Ausgleich für diesen Anfall von Realismus müssen wir hinnehmen, dass das gesprochene Englisch (und übersetzte Deutsch) in Wirklichkeit Portugiesisch darstellen soll, nun gut.

Wie man sieht, ich bin eher unbegeistert und sehe den Mehrwert nicht - mehr "Kopfkissen teilen" kann es bei dem produzierenden Kabelsender kraft Gesetztes nicht geben, und die paar unvermeidlichen Grausamkeiten mehr machen das nicht per se besser. So sehr man die Produzenten verstehen kann, die das für eine jüngere Generation aufarbeiten wollen, die bei Ansicht der alten Serie erst mal Papi oder gleich den TV-Techniker ruft ("da fehlt das halbe Bild, und es ist alles so unscharf") - wirklich Sinn macht so ein Remake nicht. Wer sich wie ich an das Original noch leidlich erinnert oder es mal zwischenzeitlich zweitgesichtet hat, darf das hier für eher belanglose Standardkost halten (so um 5-6/10 für die ersten vier Folgen).

Und abschließend noch ein Beispiel, dass der einst qualitätsführende PayTV-Sender HBO offenbar von allen guten Geistern verlassen ist: "The Regime" (WoW/Sky). Kate Winslet als Mischung aus Thatcher, Merkel und einer mittelschwer gestörten Operettendiktatorin, die sich ständig von einem Lakaien ein Luftgütemessgerät vor sich her tragen lässt. Klingt witzig ? Wer das so sieht, bitte gerne weitersehen, aber dann nicht sagen, er wäre nicht gewarnt. Der ganze Rest von Folge 1 und ein Teil von Folge 2 sind jedenfalls auch nicht besser....
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Private Joker

31 März 2024, 13:59:03 #83 Letzte Bearbeitung: 1 April 2024, 13:03:28 von Private Joker
Das Signal (Netflix)

Das Thema mit den von der ISS spektakulär oder mysteriös zurückkehrenden Astronautinnen mit angeschlossenem  Familiendrama ist aktuell wohl gerade "in", und der lädt zu einem Vergleich mit Apples "Constellation" geradezu ein.

Erster Unterpunkt des kleinen Vergleichstests: Technisch ist das deutsche Produkt überraschenderweise durchaus auf Augenhöhe, auch wenn die solide getricksten Szenen auf der Raumstation hier logischerweise weniger Raum einnehmen als bei der vermutlich deutlich teureren US-Version. Klaro, das ganze Unterfangen ist bei Netflix mit nur 4 Folgen nun wirklich auf die minimalstmögliche Laufzeit einer "Serie" eingedampft.

Befund 2: Während sich Constellation in seiner zweiten Serienhalbzeit schon arg in die Länge zieht, ist die kurze Laufzeit hier durchaus angemessen. Denn ganz ehrlich: So unfassbar ausgefuchst ist die Story jetzt nicht unbedingt - viel mehr Substanz und Inhalt als "Astronautin erlebt auf der IS etwas Seltsames  + anschließende Verschwörung + halbgare Auflösung" gibt es nicht zu bewundern. Und um die zentrale Frage, wie sich Punkt 1 und 2 miteinander vertragen (oder auf gut Deutsch, was die Verschwörer von ihrer Verschwörung eigentlich hätten, selbst wenn sie funktionieren würde) drückt sich die Serie mehr oder weniger herum. Oder ich habe bei der neumodischen Form des leicht abgelenkten dualen Anschauens ein oder zwei wichtige Details übersehen.

Zum Finale war ich dann allerdings hellwach, das ist dann mal wieder gefühlt ein ziemliches Gemischtwarenpaket.
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 Oder eigentlich eher eine Lachnummer - wen erwarten die da ? Den wiedergeborenen Jesus oder Buddha oder wen wollen die mit dieser lachhaften Mini-Kultstätte beindrucken? Die Sache mit der "Pseudohinrichtung" kann natürlich so niemals funktionieren, weil die beiden Opfer das ja kaum ahnen konnten, um da spontan mitzuspielen; und die vorbeigehenden Kugeln und das fehlende Blut sollten dem Profi, der das überwacht, ja wohl auffallen. Ganz abgesehen vom Handy-Empfang mitten in der WÜste mit dem Uralt-Nokia...).

Aber irgendwie hat die Schlusspointe dann doch etwas, nicht rasend neu (
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zumindest nicht für Trekkies
), aber schon ganz nett nachdenklich. In der Summe durchaus ansehbar, wenn auch weitgehend unspektakulär - 5/10 mit leichter Aufwärtstendenz...

Renegade Nell (Disney+)

Historische Superhelden sind - zumindest außerhalb des chinesischen Kinos - hierzulande nicht der Regelfall, also gleich mal für den Ansatz einen Originalitäts-Gummipunkt. Und der temporeiche, wenn auch irgendwie ziemlich unvermittelte Auftakt macht auch schon mal Laune - nach gerade ein oder zwei Minuten prügelt sich die kraftverstärkte Nell(y) durch ein paar relativ billig getrickste, aber durchaus wirkungsvolle Kampfsequenzen, die so ein ganz klein bisschen an "Asterix mit Zaubertrank intus gegen die Römer" erinnern. Originstory ? Pustekuchen; genau genommen wird da so eine Prise Erklärung eine halbe Stunde später nachgereicht, aber die ist dann doch eher halbgar.

Ob einem die Serie zusagt, liegt auch zu einem Gutteil an Hauptdarstellerin Harland. Die wirkt wie direkt aus einem englischen Pub von der Dartsscheibe weggecastet, spricht (vermutlich) im Original breitesten englischen Akzent, was die deutsche Synchro alleinfalls mit einer gewissen Rotzigkeit nachvollziehen kann und kommt generell für meinen Geschmack einen Tick zu prollig rüber. Über das contrahistorische "color blind Casting" im englischen Adel des frühen 18. Jahrhunderts mag ich mich fast schon nicht mehr aufregen, zumal die Idee, gerade auch den bösen Hintermann entsprechend zu besetzen, in dem Kontext schon leicht verwundert.

Aber die Serie ist fraglos mal ein zumindest teilweise neuer, frischer Wind in einem überladenen Genre. Und weil auch die Mucke passt, die Bösewichte schön fies sind und überdies durchaus auf Augenhöhe oder knapp drüber mit der "Heldin" agieren (was so viele Superheldenfilme und -serien dieser Tage nach meinem Gefühl falsch machen), ist das nach gesehenen 4 Folgen in jedem Fall ein Kandidat für eine Wertung nördlich von 6/10 - mal schauen, ob ich das im Wettlauf mit meinem ablaufenden D+-Abo noch zu Ende bekomme.

Edit: Obwohl ich das normal nicht so mag, dann doch in zwei Tagen durchbekommen. Leider wie so viele heutige Streamingproduktionen am Anfang besser als im weiteren Verlauf- wo sind die Zeiten hin, als Star Trek-Serien fast zwingend schwach starten mussten, um sich dann (meist) deutlich zu steigern ? Nell jedenfalls leidet in den späteren Folgen an einem zunehmend eklatanten Actionmangel, den Kurzauftritt von "Hearn" etwa hätte man sich auch sparen können, wenn der nur für einen kurzen Fight vorbeischaut. Ganze Folgen sind eher irrelevant bis überflüssig, wie die mit der Schauspieltruppe, und generell verlässt man sich zu sehr auf gewollt schräge Figuren und deren Interaktion - zu denen ich noch einiges sagen könnte, aber das führt doch nur wieder zum immergleichen Zeitgeistlamento. Am Ende wegen des guten Auftakts und einiger putziger Ideen noch irgendwas um 5/10 , aber da wäre wie so oft mehr drin gewesen. An eine Staffel 2 glaubt anscheinend nicht mal Disney, einen echten Cliffhanger gibt es nicht....

Simon Becketts: Die Chemie des Todes (ARD Mediathek - da stammt auch die seltsame Schreibweise her)

Irgendwie wegen technischer Tests mit verschiedenen Mediathek-Apps reingeraten und dann doch hängengeblieben. Was einerseits für die Serie spricht, denn der Auftakt ist jetzt wirklich nicht uninteressant. Andererseits weiß ich jetzt aber auch, warum ich mir mehr oder weniger klassische Whodunnits eher selten ansehe.

Was hier vermutlich eher an den Machern der Serie als an der Vorlage liegt, denn die Reaktionen der Buchfans in einigen Foren sind durchweg enttäuscht bis schwerst verärgert. Und nach zwei Folgen kann ich das mehr als verstehen: irgendeinem dunklen Wahne folgend hat man da für eine sechsteilige Serie gleich zwei oder drei (bin noch nicht ganz durch) Bücher herangezogen und nur mühsam bis gar nicht verbunden. So läuft der erste Fall in etwa so: Da wird ein Serienkiller aufgebaut, diverse grauslich (in der Mediathek evtl. leicht abgemildert) aussehende  Leichen gefunden und hochgradig fachkundig klingend (mit Erklärbar) obduziert. Dazu etwas Privatleben des Helden incl. diverser Traumata, und als scheinbar spannungsförderndes Sahnehäubchen noch eine Entführung. Aber während man sich noch die Pizza und die Chips für mindestens zwei weitere Folgen mit entsprechenden Entwicklungen bereitstellt, ist der Fall auch schon vorbei - wie Kai aus der Kiste hüpft ein Täter, auf den man zwar nie gekommen wäre, dessen gezeigtes Motiv aus der Vergangenheit den aktuellen Fall aber (zumindest für mich, siehe oben mit der Ablenkung und so) nicht mal ansatzweise löst. Und was war da noch mit der Entführung ?

Nee, das war ein Satz mit X, da ist der Zorn der Vorlagenfangruppe mehr als verständlich. Ein Romanautor, das DAS seinen Lesern anbieten würde, wäre wohl kaum auf die Zahl der Bücher des Herrn Beckett gekommen. Für den ersten Teilfall maximal 3,5/10 - der zweite beginnt zwar auch wieder durchaus atmosphärisch (Schauplatz Hebriden), aber ich bin ja gewarnt....
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

StS

Hätte sich die Mini-Serie ,,Expats" (2023) woanders als in Hongkong entfaltet, hätte ich sie mir in Anbetracht der Materie sowie des Überangebots an Serien heutzutage vermutlich nicht angesehen – doch habe ich vor ein paar Wochen eben jene chinesische Sonderverwaltungszone besucht und hat es mir dort sehr gefallen, so dass ich mich dann doch gern an diese sechs Episoden heranbegeben habe, welche übrigens (mit Ausnahme der letzten) jeweils nach einem Stadtteil der Millionenmetropole benannt sind...

Nachdem Nicole Kidman auf den zugrunde liegenden Roman ,,the Expatriates" (2016) von Janice Y. K. Lee aufmerksam geworden war, war sie mit jenem an Lulu Wang (,,the Farewell") herangetreten – wonach beide das Projekt schließlich gemeinsam realisiert hatten: Kidman als Produzentin sowie eine der Hauptdarstellerinnen, Wang als Stoff-Entwicklerin, Co-Autorin und Regisseurin aller Folgen. Die Dreharbeiten fanden (zum Teil mit Sondergenehmigungen während der Covid-19-Pandemie) 2021 ,,on Location" statt...

Die Geschichte wirft einen Blick auf das Persönliche und Berufliche mehrerer Auswanderer, die in Hongkong arbeiten und leben – u.a. auf verschiedene Wohlhabende und ihre Angestellten; jeweils inklusive ihrer Familien; jeweils aus unterschiedlichen Ländern und Kulturkreisen. Innerhalb dieses Geflechts an Menschen/Protagonisten geht es dabei um Themen wie Einsamkeit in der Fremde, Arten von Verlust (wie etwa den eines Kindes) sowie um so manch andere Belastung, die das Leben dort so mit sich bringt...

Handwerklich hochwertig in Szene gesetzt, profitiert dieses Drama von seiner feinen Besetzung, zu der neben Kidman u.a. noch Brian Tee, Sarayu Blue, Yoo Ji-young und Jack Huston gehören. Mit den weiblichen Charakteren im Mittelpunkt stehend, wird im Zuge der Vermittlung der ,,Innenleben" der Personen auf unaufdringliche Weise eine gefühlvolle Stimmung erzeugt und gibt es generell eine Reihe sowohl fein arrangierter als auch psychologisch überzeugend konzipierter Momente zu verzeichnen...

Das Tempo ist ruhig, einige Plot-Stränge ,,nehmen einen besser mit" als andere, die ,,Atmosphäre" der Stadt ist spürbar, die Performances/Emotionen sind des Öfteren kraftvoll ,,roh" und die Ambivalenz so einiger Inhalte weiß zu gefallen. Zu erwähnten ist noch, dass EP5 in Spielfilmlänge daherkommt und sich ,,am Rande" mit den Massenprotesten beschäftigt, die 2019/20 gegen die chinesische Regierung abgehalten wurden: Keineswegs unkontrovers – weshalb die Serie auch nicht in Hongkong verfügbar ist...

6/10
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

StS

,,Troppo" ist eine amerikanisch-australische Krimi-Serie, sich in Queensland entfaltet sowie lose auf der bekannten ,,Crimson Lake"-Buchreihe von Candice Fox basiert. Erzählt wird die Geschichte des Ex-Polizisten Ted Conkaffey (Thomas Jane), der beschuldigt wurde, ein Kind entführt und missbraucht zu haben – aus Mangel an Beweisen aber nicht verurteilt wurde; weshalb er nun (da es kein Freispruch war) sozusagen als ,,gebrandmarkt" gilt sowie dadurch seine Karriere und Ehe in die Brüche gegangen ist. Als er in ein kleines Städtchen im Hinterland reist (um allein zu sein, zu trinken etc.), trifft er zufällig auf Amanda (Nicole Chamoun) – ihres Zeichens eine junge Frau, die in ihrer Jugend eine Mitschülerin getötet hatte und seit ihrer Entlassung aus dem Gefängnis von den meisten Bewohnern entsprechend ,,unfreundlich" behandelt wird. Sich inzwischen als Tätowiererin und Privatermittlerin durchs Leben schlagend, wendet sie sich an Conkaffey, da sie seine Expertise/Erfahrung bei einem aktuellen Fall benötigt. Widerwillig lässt er sich darauf ein...

Season 1 (8 Folgen, 2022) beleuchtet die aufgewühlten Seelenleben der beiden zentralen Protagonisten und bewegt sich parallel dazu entlang dreier zentraler Plotstränge: Conkaffey schaut sich die Umstände der von Amanda damals begangenen Tat noch einmal genauer an, es wird der Frage nachgegangen, was dahinter steckt, dass ein Mann vor den Augen diverser Zeugen in einen Fluss gesprungen ist und daraufhin prompt von einem Krokodil gefressen wurde (Selbstmord, Drogen oder Zwang?) – und schließlich wird noch der mysteriöse Tod eines südkoreanischen Wissenschaftlers untersucht, der für ein aufstrebendes Biotech-Unternehmen der Region gearbeitet hat (seine Familie ist es, die Amanda und Conkaffey beauftragt, da sie den örtlichen Cops nur bedingt traut). Das alles und noch mehr – wie z.B. die ,,Verstrickungen" eines lokalen Polizisten sowie der Schmuggel von Schlangen und der illegale Verkauf ihres Gifts als Droge – wird ordentlich innerhalb der Handlung zusammengewoben sowie im Laufe der Staffel zu einem ordentlichen Abschluss gebracht...

,,Troppo" (S1) ist im Grunde relativ konventionelle Genre-Kost – die aber zumindest hier in unseren Breitengraden den Vorteil hat, dass man nicht allzu oft australische Krimi-Serien zu sehen bekommt: Die speziellen Landschaften, Tierchen und Eigenheiten der Aussies sind halt nicht mit Schauplätzen in Europa oder den USA vergleichbar. Ich habe die Serie in erster Linie geschaut, da ich mich gern an meine Urlaubszeit dort zurückerinnere und Werke aus ,,Down Under" seit jeher mag. Nunja, jedenfalls machen Thomas Jane und Nicole Chamoun ihre Sache jeweils prima – in einem Nebenpart ist außerdem noch Radha Mitchell mit von der Partie. Die Charakterzeichnungen gehen in Ordnung und die Entwicklungen sind nicht zu vorhersehbar; weisen mitunter auch einzelne ansprechende Facetten auf. Zwar hätte man die 8 Folgen durchaus auf 7 straffen können – also weniger ruhige Momente zugunsten ,,dichterer Spannung" – doch gelangweilt habe ich mich nie. Kurzum: Eine bodenständig-solide Serie mit einem netten Ermittler-Duo – aktuell bei ,,Freevee" verfügbar...

5/10
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Moonshade

Ich amüsiere mit aktuell ganz vortrefflich mit der französischen Serie Call my Agent, deren Format ein halbes Dutzend mal auf der Welt aufgegriffen wurde, aber nur in Frankreich vier Staffeln erreichte.

Es geht um eine Pariser Künstleragentur, die verschiedenste Klienten aus Theater, TV und Film vertritt und sich gegen Konkurrenz zur Wehr setzt, aber gleichzeitig an den verschiedensten Macken, Unsicherheiten und Empfindlichkeiten ihrer Kunden herumlaboriert. Allerdings sind auch die Angestellten, Agenten wie Assistenten ein schräger Haufen, der nicht immer alles im Leben besonders im Griff hat, aber meistens alles gibt, damit die Kunden zufrieden sind und man sie in der Firma halten kann.

Der besondere Kniff an der Serie ist, dass sie in jeder Folge 1-2 Klienten haben, die sich selbst spielen, also tatsächliche Schauspieler unter ihrem richtigen Namen, die im Fokus je einer Episode stehen. Was mit für uns eher Unbekannten anfängt, wird dann immer prominenter, von Lea Seydoux über Christopher Lambert zu Isabelle Adjani, Jean Reno und Juliette Binoche, die sich auch nicht immer ganz so bierernst, aber doch erfrischend edgy nehmen.

Das Ganze ist zwar ein Drama, fällt aber relativ komisch aus und versucht, die Licht- und Schattenseiten gleichzeitig zu beleuchten. Mir gefällts bisher ganz großartig. (so 7,5-8/10)  (Call my Agent läuft aktuell bei Netflix.)
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

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