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Kino kontrovers - Tabubruch auf Zelluloid gebannt!

Begonnen von Cyrus, 27 September 2005, 16:49:40

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Cyrus

Hallo,

mich würde gerne mal interessieren, wie ihr zu Filmen wie Gaspar Noés
"Irréversible" steht.

Wo wird in euren Augen eine moralische oder ethische Grenze erreicht oder sogar überschritten?
Wie weit darf man beim Film gehen und wo wird das Gezeigte voyeristisch in Szene gesetzt, statt abschreckend?

Ist eine explizite Bildsprache nötig, um Emotionen zu wecken oder werden diese gerade durch das Wegschwenken der Kamera verstärkt, indem jeder seine Fantasie spielen lässt?

Wie steht ihr zu Filmen wie Larry Clarks "Ken Park" oder Mel Gibsons "Passion of the Christ", die beide eine sehr deutliche Bildsprache aufweisen und bewusst auf die entsprechenden Szenen draufhalten, einmal auf Erotik und einmal auf Gewalt bezogen?
Ihr könnt auch gerne weitere Beispiele anführen.


Ich bin sehr auf eure Antworten gespannt und möchte euch noch bitten, alle Meinungen zu respektieren, auch wenn sie eurer eigenen entgegengesetzt sind!

Cu
Cyrus
Better to reign in hell than serve in Heaven! [Kevin Lomax]

StS

27 September 2005, 17:04:10 #1 Letzte Bearbeitung: 27 September 2005, 17:05:57 von StS
"Baise Moi" ist einfach nur filmischer Dreck - kein Vergleich zu "Irreversible", dem es gelingt, den Schrecken der Tat im Gesamtbild genau wirksam umzusetzen, da man mit den Leiden des Opfers konfrontiert wird und zudem zuvor eine Beziehung zu der Person aufbauen konnte.

"Ken Park" ist halt von Larry Clark - der proviziert nur gern unter dem Deckmantel, "nur" besonders realistisch sein zu wollen, weshalb es sich nicht lohnt, über ihn zu schreiben. "Kids" ist in dem Zusammenhang genauso verlogen.

"the Passion" ist nicht wirklich voyeuristisch, da ein Sinn dahinter steckt (aus religiöser Sicht, die ich zwar auch nicht teile, aber nachvollziehen kann).

Ansonsten will ich mich hier aber mal raushalten, da ich es nicht ganz so optimal finde, in einem Thread nun alle Titel aufzuzählen, die Tabus brechen - zudem möglichst mit der Begründung, daß die Szenen besonders sinnlos und abartig dort dargestellt sind...

Und wie man in jedem Seminar zu dem Thema lernt: Die schlimmsten Bilder entstehen ohnehin im Kopf - dafür müssen sie gar nicht explizit gezeigt werden...
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

bapho

Zitat von: StS am 27 September 2005, 17:04:10
...

Und wie man in jedem Seminar zu dem Thema lernt: Die schlimmsten Bilder entstehen ohnehin im Kopf - dafür müssen sie gar nicht explizit gezeigt werden...

du sagst es bruder, du sagst es...

aber nichtsdestotrotz ist es auch wichtig zu unterscheiden, ob ein spielfilm einfach "nur" schocken will unter dem deckmantel der "realität" oder, ob es einen geschichtlich bewiesenen hintergrund hat.
"saving privat ryan" fand ich z. B. sehr gut, ich will jetzt auch nicht mit irgendwelchen aufzälungen kommen, denn des is' lanweilig...

mfg - bapho

.sixer.

Nachdem ich Irréversible - ohne ihn zu verstehen, da auf italienisch ohne UT - zum ersten Mal gesehen habe war ich angewiedert. Ich fragte mich warum man manche Sachen so deutlich zeigen muss. Heute, nachdem ich den Film erneut in einer mir verständlichen Sprache gesehen habe, finde ich den Film schockierend. Und zwar nicht wegen den bekannten Szenen, sondern wegen seiner zerstörerischen Aussage: Man steht hilflos vor dem Irreversibel.

Die Passion Christi empfinde ich als überflüssig. Zwar ist der Film technisch gut aber es entzieht sich mir der Sinn des Werkes. Den Leidensweg, die Passion, hat Gibson hervorragend gezeigt aber ich denke, dass die Geschichte eines Jesus sich nicht nur auf den Leidensweg reduzieren lässt. Überall hört man, dass Jesus für die Sünden der Menschen leiden musste und in seinem irdischen Dasein letztendlich gestorben ist. Ich denke, dass in der Geschichte viel mehr steckt als nur die Passion.
Das Gezeigte an sich fand ich jetzt auch nicht wesentlich härter als man es aus anderen Filmen, die sich mit Folter beschäftigen, kennt.

Filme wie Cannibal Holocaust, Frauen im Foltercamp und Men behind the sun zeigen sehr explizit wozu das Monster Mensch fähig sein kann. Ob man als Regisseur eines solchen Streifens draufhält oder wegschwenkt, macht vielleicht garkeinen so großen Unterschied wie oft behauptet wird. Ich glaube nicht, dass die Vorstellung noch wesentlich härter sein kann als die charakteristischen Szenen aus den oben genannten Filmen.

Notwendig ist eine deutliche Bildsprache sicherlich nicht. Und das gilt nichtnur für Ekel und den damit verbundenen Tabubruch. So kann ein Film auch beklemmend wirken, ohne die typischen Klischees wie Dunkelheit, usw. zu erfüllen (siehe Dark Water von Nakata).
Jedes Gefühl kann man auch ohne entsprechende Bilder erzeugen.

Baise moi würde ich mit keinem der genannten Film vergleichen. Der geht für mich eher in die Richtung Schundfilme wie die Ilsa-Reihe oder Bethmanns Todesengel.
"How do you know I'm mad?" said Alice
"you must be," said the cat, "or you wouldn't have come here."

Wir ham kein Strom,
wir ham kein Geld,
wir sind der geilste Club der Welt.

whitesport

filme schauen muss auch mal wehtun können. ich würd mir persönlich ziemlich verarscht vorkommen, wenn mir immer nur augen- und ohrenfreundliche kost vorgesetzt würde. klar muss und soll die kamera nicht bei jedem film draufhalten, bei manchen bietet es sich nunmal aber an. beim so gerne angeführten IRREVERSIBLE tut einem die vergewaltigung so in der seele weh, ich glaube fast, niemand der den film komplett gesehen hat, würde sich im zweifelsfall so wie der passant verhalten ausser vielleicht jene psychopathen die gerne mit dem widerling tauschen würden. oder ein "requiem for a dream" ist audiovisuell und atmosphärisch so anstrengend, dass vermutlich der ein oder andere so abgeschreckt ist, dass er wirklich die finger von diversen substanzen lässt und nicht alles so lässig angeht wie die "helden" bei dem einen oder anderen hollywood-streifen.  is natürlich alles ne ansichtssache, insbesondere bei grenzfällen wie MBTS aber meine meinung ist: draufhalten, aber richtig

natas9

Die meisten werden wohl mit mir übereinstimmen, wenn ich sage, dass reale Gewalt nicht in Filmen gezeigt werden sollte, mit Ausnahme von Dokumentarfilmen, wobei es natürlich auch hier Grenzen gibt, die in der Regel auch nicht überschritten werden. Szenen aus Cannibal Holocaust und Gesichter des Todes sind einfach nicht akzeptabel. Solche Szenen machen keinen guten Film aus und diese Filme wollen Grenzen überschreiten, um damit bei einer gewissen Zielgruppe zu punkten.
Irreversible habe ich selbst nicht genossen und ich habe nicht das Bedürfnis den Film nochmal zu sehen. Wenn Leute daran Gefallen finden, finde ich das ok. An dem Film ist nichts auszusetzen.

Schockierend können natürlich auch reine Handlungen von Menschen sein, ohne dass etwas explizit gezeigt werden muss. Aber schockierend im Sinne von ekelhaft, unerträglich anzuschauen ist heutzutage nur noch das explizit Gezeigte. Es hängt einfach davon ab, welche Art von Film gemacht werden soll. Men behind the Sun will schockieren, um eine Abneigung gegen das Gezeigte beim Publikum aufzubauen. Gewöhnliche Horrorfilme sind meistens besser, wenn etwas im Verborgenen bleibt. Denn das Gruseln ist eine ganz andere Filmerfahrung. Man hat Angst, obwohl einem nichts passieren kann und irgendwie genießt man es. So ähnlich wie Achterbahn fahren.
Nice story! Tell it to Reader's Digest!!!

Hana-Bi

28 September 2005, 01:57:20 #6 Letzte Bearbeitung: 28 September 2005, 02:00:32 von Hana-Bi
Super auch Larry Clark ist im Spiel.

Larry Clark ist für mich pervers. Ich glaube ``Pedophil  oder krank ´´ ist das falsche Wort (Pervers in dem sinne das ich seine Kontroversen Themen damit meine). Meine Kollegen finden Kids sehr geil. Ich finde das dieser Film absoluter Schrott ist. Soll dieser Film etwa ein Vorzeigefilm sein?? Wenn jeder Junge so handeln würde und jedes Mädchen so naiv wäre dann würde die Menschheit bereits vom austerben bedroht sein. Meiner Meinung nach gehört so ein Schund auf dem Index. Das gleiche wieder bei Bully. Es wird Gef**** und gekifft bis zur letzten Szene wo Larry seine ganzen Ideen freien Lauf ließ als der Junge abgestochen worden ist. Natürlich auf Explizierte Art und Weise so das man auch noch seine eingeweide sehen kann. Ken Park habe ich mir erspart aber das Cover sagt mir das es in diesem Larry Clark Film auch wieder um nackte Teenies geht.....TsSSS, das ist doch nicht normal.

Irreversible gehört meiner Meinung auch auf dem Index. Allerdings stiftet der Film zum nachdenken an, daher vergebe ich da mal einen Daumen nach Oben für Irrversible der erst nach der letzten Geschichte Magen Schmerzen bei mir verursacht hat.

Die Passion sehe ich nicht als Skandalfilm für den ihn alle sehen. Ich bin selbst Katholik und habe mir den Film angesehen ohne Mel Gibson zu verfluchen. Hat mir eigentlich ziemlich gut gefallen.

Deshlab bin ich auch dagegen das Filme wie Evil Dead in Deutschland beschlagnahmt sind und Filme wie Kids oder Irreversible frei verkäuflich sind, Kids hat ja nichtmals ein FSK 18. Es ist echt traurig mit diesem Jugenschutz.

Gewalt in Filmen sieht jeder unterschiedlich. Für mich ist ein Massaker wie Braindead nicht im geringsten so hart wie Irreversible. Ich denke aber das solche Filme auf keinstenfall unwichtig sind da sie uns doch immerhin zeigen wie hart die wirkliche Gewalt sein kann, und die kann man nicht realistisch genug darstellen. Sowas brauch man einfach mal um wieder zur Realität zurückzukommen.

Wurde der Film Menschenfeind hier eigentlich schon genannt????

MFG
Hana-Bi

psychopaul

28 September 2005, 02:22:50 #7 Letzte Bearbeitung: 28 September 2005, 02:28:05 von psychopaul
Zitat von: Hana-Bi am 28 September 2005, 01:57:20
Das gleiche wieder bei Bully. Es wird Gef**** und gekifft bis zur letzten Szene wo Larry seine ganzen Ideen freien Lauf ließ als der Junge abgestochen worden ist.

Bully basiert übrigens auf einer wahren Geschichte.  :idea: :icon_wink:
Klar wurde sicher einiges überdramatisiert, aber ich weiß sowieso nicht, was diese ganze Aufregung über Clark-Filme immer soll.

Seine Art Filme zu inszenieren mag übertrieben sein, aber wenn man sich unsere Welt so anschaut, gibt es sicher keine Szene aus einem dieser "Skandalfilme", die nicht für sich genommen absolut realistisch wäre.
Wie gesagt, ein Film wie Ken Park ist sicherlich extrem konstruiert in seiner "Zusammensetzung der Szenen", aber Clark beleuchtet nunmal die eher unguten, krassen Seiten des Lebens von Jugendlichen, was soll er da zeigen, wie sie im Pyjama Monopoly spielen und O-Saft trinken?  :icon_razz:

Das Problem von Clark-Filmen und vielen Abgeschreckten wie dir könnte vielleicht an seinem Pseudo-Doku-Stil liegen, der eben dem Zuseher einen gewissen Realismus vorgaukelt, der meiner Meinung nach (imo  :icon_lol:  :icon_mrgreen:) aber gar nicht da ist; ich sehe Clarks Filme, genauso wie andere Werke a la "Reqiuem for a dream" einfach als konstruierte, intensive Filme an, die unerfreuliche Themen behandeln und halt eine von vielen Sichtweisen über unsere Gesellschaft und die menschliche Natur bieten.
Solche Argumente wie "Sauerei! Alle Jugendlichen sind gar nicht so krass drauf wie in Kids!" ziehen bei mir von vornherein nicht, es sind ja auch nicht alle Büro-Chefs so wie Stromberg oder alle Anti-Terror-Agenten so wie Jack Bauer.  :king: :icon_wink:

Und ich versteh auch nicht, warum Kids nicht genauso abschreckend gegenüber dem Herumvögeln ohne Gummi sein soll wie z.B. Requiem gegenüber dem Konsum harter Drogen??

Und noch viel weniger hab ich seit jeher verstanden, warum in einer Welt mit einer so gigantischen Porno-Industrie immer so eine Aufregung über Sexszenen in Spielfilmen herrscht, meiner Meinung nach sind das "Tabubrüche", die überhaupt keine sind.
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Three little devils jumped over the wall...

Hana-Bi

Ich gebe dir in vielen deiner Punkte recht, in den meisten sogar. Trotzdem sollte er sich an diesem Thema nicht zu sehr aufgeilen. Ich finde die filme nach wie vor zu übertrieben. Es kommt mir zu sehr möchtegern dramatik rüber, und genau das macht seine Filme so übertrieben.

psychopaul

ZitatEs kommt mir zu sehr möchtegern dramatik rüber, und genau das macht seine Filme so übertrieben.

Tja auch wenn ich das eigentlich ähnlich sehe, ist das eben genau der springende Punkt.
Denn irgendwie ist ja Irreversible beispielsweise genauso übertrieben, aber manchmal müssen Filme eben überdramatisiert sein, dass sie richtig schocken können, das war doch schon immer so, auch in der Literatur z.B.  :icon_biggrin:

Naja, einigen wir uns halt drauf, dass solche Filme jedenfalls nicht auf den Index gehören.  :king:
Ich geh jetz erstmal pennen, mal schaun, was sich aus dieser Diskussion noch so rausholen lässt. ^^

(bzw gabs die doch eh schon zwei-, dreimal hier, wenn ich mich nicht irre  :icon_mrgreen:)
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Shub

28 September 2005, 02:55:15 #10 Letzte Bearbeitung: 28 September 2005, 02:57:33 von Shub-Niggurath
Zitat von: Hana-Bi am 28 September 2005, 01:57:20
Irreversible gehört meiner Meinung auch auf dem Index.

:icon_rolleyes:
Ich finde, dass "Irreversibel" ein gelungener Film ist, der mich einerseits mitgenommen, anderseits sehr zum Nachdenken angeregt hat.
Die hysterischren Reaktionen, die der Film damals bei den Filmfestspielen in Cannes oder auch bei Hana-Bi  ;)  ausgelöst hat, halte ich für deutlich überzogen. Die Welt ist nunmal nicht immer ein besonders schöner Ort und ich kann Verständnis für Regisseure aufbringen, die diese Tatsache in ihren Filmen, wenn auch etwas überzogen, unterstreichen . Gaspar Noé wird ja oft vorgeworfen, dass es seine einzige Intention sei auf Gedeih und Verderb zu schockieren und zu provozieren, aber ich persönlich denke, dass seine Filme wie "Irreversibel" oder der geniale "Menschenfeind" schon einen tieferen Sinn haben und der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten.

Grüße

Shub-Niggurath
Zitat von: Algo
mein kraftstoff ist mumusaft

Ed Wut

Schön, dass Kids angesprochen wurde!
Ich hab den Film damals gesehen, war im gleichen Alter und fand meine Generation schon ganz gut dargestellt...
Jetzt, zehn Jahre später und nicht mehr fünfzehn, krieg ich dass kotzen, wenn ich den Film, oder Ken Park sehe.
Meine These dazu wäre, dass Larry Clark es schafft, das Lebensgefühl eines Teenagers in einer Art und Weise darzustellen (inklusive aller negativen Aspekte),
dass sich die jeweilige Generation darin wiederfinden kann. Sobald man allerdings "erwachsener" geworden ist, kann man sich auch nicht mehr mit den jugendlichen Tabubrüchen identifizieren und sieht Clark's Filme "mit anderen Augen".
Larry Clark schafft es mit seinen Bildern unschöne Realitäten aufzuzeigen (basierte nicht auch "Taxi Driver" auf Fotos von ihm?). Meiner Erfahrung nach trifft er mit seinen Filmen genau das Lebensgefühl Jugendlicher, wobei ich natürlich nicht ausser acht lassen will, dass er Extreme darstellt. Nicht alle "Kids" dröhnen sich den ganzen Tag lang zu und F#####n durch die Gegend, aber handelt "American Pie" denn von was viel anderem?
Larry Clark ist mit seinen Filmen halt in der Darstellung direkt und drastisch.
Das unterscheidet seine Filme auch von den anderen hier genannten Filmen in dem Thread.
"Irreversibel" und "Requiem for a dream" sind zwar auch drastisch in ihren Bildern, jedoch aufgrund ihres Aufbaus und ihrer Technik deutlich als ("Filmemacher")-Filme wahrzunehmen, während die Clark Filme, zumal meist mit jungen Laiendarstellern gedreht, eher etwas von "mit der Kamera festgehaltenen Momenten im Leben einzelner (krasser) Jugendlicher" haben.
I'm not even supposed to be here, today!

Hana-Bi

Also da bin ich mal ziemlich froh nicht einer von diesen Jugendlichen gewesen zu sein. Und bin es bis heute noch nicht. Heutzutage kann man ja damit angeben noch keine Vorstrafe zu haben.

Ach ja das mit Taxi Driver stimmt. Er war ja schließlich mal Fotograf. Dabei hätte er es auch belassen sollen. Aber ist ja jetzt egal. Ich werde mal versuchen mich ab jetzt aus dieser Diskusion rauszuhalten. Habe schon mehr gesagt als ich wollte ;-)

Shub

Ein Film, der noch nicht in diesem Thread genannt wurde, ist Pier Paolo Pasolinis " Die 120 Tage von Sodom". Der Film bricht so ziemlich jedes gängige Tabu und wirkt noch heute so verstörend wie wohl vor 30 Jahren. Meiner Meinung nach ein bewusst schockierender Film, der in drastischen Bildern die tiefsten Abgründe des Menschen aufzeigt.

Ein weiterer Film, der beim Ansehen ein sehr unangenehmes Gefühl bei mir hinterlassen hat und wohl eins der letzten Tabus bricht, war und ist Jörg Buttgereits "Nekromantik". 

Grüße

Shub-Niggurath
Zitat von: Algo
mein kraftstoff ist mumusaft

el_espiritu

Zitat von: Shub-Niggurath am 28 September 2005, 09:59:51
Ein Film, der noch nicht in diesem Thread genannt wurde....
Ein weiterer Film...
Wie gesagt, das hier soll KEIN Aufzählungsthread werden ;)

Shub

Zitat von: el_espiritu am 28 September 2005, 12:17:31
Wie gesagt, das hier soll KEIN Aufzählungsthread werden ;)
Ist mir voll und ganz klar.  :icon_smile: Ich fand nur, dass die beiden Filme in diesem Kontext ebenfalls eine Erwähnung wert waren. 

Grüße

Shub-Niggurath
Zitat von: Algo
mein kraftstoff ist mumusaft

Nerf

Die Frage, die ich mir stelle, ist ja folgende:

Der Mensch ist schlecht - aber muss es Filme geben, die das so anschaulich wie möglich illustrieren?

Muss in extenso gezeigt werden, welche Verbrechen in Gefangenenlagern dieser Welt verübt wurden? Wie brutal und erniedrigend Vergewaltigungen im real life sind? Welche Psychosen sich in der neurotischen Jugend von heute ihre Bahn brechen?

In solchen Zusammenhängen wird meiner Meinung nach ohnehin zu oft mit dem Dokumentations-Deckmäntelchen gearbeitet. Nichts erfunden, sondern die Realität abgebildet - schön und gut, aber wozu? Bin ich ein besserer Mensch geworden, nachdem ich mir einen dieser Filme angesehen habe? Ich denke nicht.

Ich bin froh, dass mir bis heute erspart geblieben ist, in die tiefsten Abgründe des Menschen zu blicken, und ich hoffe, das bleibt auch so. Wie es anders geht, zeigen Filme wie "Lilja 4-ever"; wobei sich auch hier die Frage stellt, welchen Effekt Filme dieser Art auf den Zuschauer haben als den, ihn in hilfloser Wut zurückzulassen. Bei "Lilja 4-ever" lässt sich immerhin noch mit einer gewissen Sensbilisierung zum Thema Kinderprostitution argumentieren, aber wie sieht es bei "Men behind the sun", "Irreversibel", "Salo" aus?

Nerf,
der sich bisher von Noe, Clark, Pasolini und Co. ferngehalten hat.
You've been chosen as an extra in the movie adaptation
Of the sequel to your life.

Moonshade

Nun, "Passion of the Christ" empfinde ich offensichtlich (siehe auch meine Kritik dazu) als relativ harmlosen religiösen Fundamentalismus mit zu viel Geld und einem cleveren Management.
Ich sehe den Film und seine Folterszenen weder als realistisch, noch als graphisch besonders bedeutsam, noch besonders schockierend.
In Gibsons Fall spüre ich leider überdeutlich die Absicht des Regisseurs, seinen ach so persönlichen Film mit der Verbeugung vor dem Glauben zu drehen und das macht den Film schon wieder filmtheoretisch undiskutabel.
Wobei die Tendenz zur Unterhaltung so gering ist, daß man die Absicht des Regisseurs schon wieder als gefährlich einstufen könnte.
Die Bilder haben jedoch keine besondere "realistische" Wirkung.

Das ist bei Larry Clark schon anders. Gut, ich kann jetzt nur von "Kids" ausgehen, den ich mit gut 25 das erste Mal gesehen habe und den ich immer noch als leicht unerträglich empfinde, eben weil er auf gängige Klischees oder filmische bekannte Mittel verzichtet, sogar auf eine einleuchtende Moral, sondern lediglich auf die Beschreibung der Zustände. Weil er (scheinbar) nicht wertet (aber natürlich eine Wirkung provozieren soll), erscheint er so unerträglich in seiner Hoffnungslosigkeit.
Und mit dem Alter nimmt er bei mir an Wirkung nicht ab, vielleicht weil ich lange genug dabei bin, um zu wissen, daß gewisse Teile des Films, seien es jetzt frühzeitige Drogen oder das pubertäre Entjungfere und Rumgeficke tatsächlich samt nicht vorhandener Verhütung gang und gäbe sind. Natürlich vielleicht in dem im Film dargestellten Alter, aber immerhin. Und ich kriegs täglich wieder mit.
Aber: natürlich wollen wir das nicht wahrhaben, weil wir in einer ach so aufgeklärten Gesellschaft leben und es uns nicht vorstellen können, daß jemand so dumm oder so uninformiert oder so unerfahren sein kann. Gibts reichlich von, rennt aber nicht ständig durch unser Wohnzimmer.
Und deswegen (und trotz manchmal pädophiler Züge, wenn man unbedngt möchte) empfinde ich die Clark-Filme als ziemlich scharf, weil es uns unangenehm ist, solche "möglichen" Realitäten einfach anzunehmen.

Was die Bildsprache generell angeht, so halte ich beides für praktikable Stilmittel, wobei das grenzenlose Hinschauen der Kamera (wie wohl im mir unbekannten Irreversible) im Falle der persönlichen Unerträglichkeit des Gezeigten natürlich einen Verdrängungsreflex provoziert, was die Nachhaltigkeit (wie wohl etwa bei Funny Games) stören kann.
Im entscheidenden Moment nichts zu zeigen (ich denke da an die Kamerafahrt in Hitchcocks Frenzy, in der man ganz genau weiß, was im Haus passieren wird, während die Kamera in einer langen fließenden Fahrt rückwärts aus dem Haus fährt und die Szene schließlich in dem Lärm des Stadtviertels ertrinkt), scheint mir bisweilen intensiver, wirkt aber gleichzeitig wie ein bewußtes filmisches Mittel, benutzt um eben diesen Effekt zu provozieren.
Mag aber auch sein, daß es eindrucksvoller ist, wenn man, wie der große Rest der Menschheit, sich darüber keine so konkreten Gedanken macht.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Kerry

Zitat von: Cyrus am 27 September 2005, 16:49:40
Hallo,

mich würde gerne mal interessieren, wie ihr zu Filmen wie Gaspar Noés
"Irréversible" steht.

Wo wird in euren Augen eine moralische oder ethische Grenze erreicht oder sogar überschritten?
Wie weit darf man beim Film gehen und wo wird das Gezeigte voyeristisch in Szene gesetzt, statt abschreckend?

Ist eine explizite Bildsprache nötig, um Emotionen zu wecken oder werden diese gerade durch das Wegschwenken der Kamera verstärkt, indem jeder seine Fantasie spielen lässt?

Wie steht ihr zu Filmen wie Larry Clarks "Ken Park" oder Mel Gibsons "Passion of the Christ", die beide eine sehr deutliche Bildsprache aufweisen und bewusst auf die entsprechenden Szenen draufhalten, einmal auf Erotik und einmal auf Gewalt bezogen?
Ihr könnt auch gerne weitere Beispiele anführen.


Ich bin sehr auf eure Antworten gespannt und möchte euch noch bitten, alle Meinungen zu respektieren, auch wenn sie eurer eigenen entgegengesetzt sind!

Cu
Cyrus

Es ist für mich die Frage, was heute überhaupt noch als Tabubruch gilt. Wo haben wir noch unseres Tabus?
In der reinen Darstellung expliziter Gewalt wohl eher nicht; hier ist alles zeigbare bereits gezeigt.
Sexuelle Tabus? Gibt es auch (fast) keine mehr. Mit "fast" meine ich Kinderpornographie / Kinderschändung; hier ist mir zumindest mal kein Film bekannt, der sich auf nicht reißerischer Art und Weise mit diesem Thema auseinandersetzt.

Eine Vergewaltigung auf besonders drastische Art und Weise zu zeigen (wie z.B. in "Irréversible") ist für mich kein Tabubruch; dies ist bereits zu oft geschehen. Bei solchen und ähnlichen Filmen stelle ich mir die Frage: "würde der Film auch OHNE diese Darstellung auskommen und überzeugen"? Wenn dies nicht der Fall ist, mag es zwar nach wie vor noch ein ganz guter Film sein, ein Tabubrecher ist es in meinen Augen dann schon nicht mehr. Ein wahrer Tabubrecher muss tiefergehen und seine Intensität nicht alleine aus grafischer Sex- und Gewaltdarstellung beziehen.

Was wäre z.B. "Passion of the Christ" OHNE die diversen Folterszenen? Nicht viel. Eine darüber hinausgehende inhaltliche Aussage gibt es keine. Und dass es nicht gerade eine Wohltat ist, ausgepeitscht und gekreuzigt zu werden, dürfte wohl auch vor diesem Film jedem klar gewesen sein. Insofern ist dieser Film maßlos überschätzt, da er bis auf die breit ausgewalzten Folterszen nun mal absolut nichts an Inhalt bringt.

Viel interessanter finde ich gesellschaftspolitische Tabus. So ist in z.B. schlecht ein deutscher Film denkbar, in welchem eine in Deutschland ansässige islamistische Terrorgruppe einen Anschlag plant bzw. verübt. Dies würde gegen die "political correctness" verstoßen, da die überwiegende Mehrzahl der Moslems eben KEINE Terroristen sind.. Ebenso kenne ich keinen Film, in welchem ernsthaft sog. "Sozialschmarotzer" gezeigt werden, welche sich in der "sozialen Hängematte" ausruhen, ab und zu schwarz arbeiten und gar nicht erst nach einem regulären Arbeitsplatz suchen. Auch Tabu, weil die überwiegende Mehrzahl der Arbeitslosen eben NICHT so ist.

Wie weit darf in einem Film gegangen werden? Hier gibt es für mich bis auf eine Ausnahme keine Beschränkung. Diese Ausnahme ist: Sobald reales Leid für kommerzielle Zwecke instrumentalisiert wird hört für mich der Spaß auf.

Roughale

Für mich ist es immer schwierig, wenn ich nicht genau feststellen kann, ob der Tabubrtuch gemacht wurde, um damit schnöde Geld zu scheffeln, oder um Leute wachzurütteln. Leider habe ich nicht alle Filme die hier besprochen werden gesehen und kann daher nicht alles kommentieren, aber Lary Clark kenne ich leider zu gut, Kids ging beim ersten mal schon recht schockierend runter, aber beim wiederholten Sehen fiel mir dann leider auch seine Plattheit und Gefährlichkeit auf, ich denke es gibt einige Kids da draussen, die das cool finden und gleich nachmachen - ist immer ne Gefahr, aber deswegen verbieten? Auf keinen Fall! Ken Park war noch schlimmer, weil wir den in einer Sneak vorgesetzt bekamen, da hielt ich es nur bis zum Boxershortzelt aus - danke...

Für mich ist das ähnlich wie bei Kriegsfilmen, mir muss man nicht ala Spielberg in Private Ryan zeigen wie brutal Krieg ist, mir ist bei vielen Kriegsfilmen die unterliegende Faszination zu stark, deswegen verschmähe ich das Genre. Leute die keine Horrorfilme mögen, können das ja auch so machen  :icon_wink:

Tabus zu brechen  ist heute immer schwerer und oft begibt man sich auf dünnes Eis zur Kriminalität - manches muss man doch auch nicht zeigen, oder?

Last but not least: Pasolini war ein Spinner/Künstler mit seinem 120 Tage von Sodom geht er mit den Zuschauern so um, wie mit den Folteropfern im Film - er lässt sie Scheisse fressen - ein weit überbewerteter Film der einfach nur anödet (imho)...

esta es la mejor mota
When there is no more room for talent OK will make another UFC

Inspektor Yuen

ZitatWas wäre z.B. "Passion of the Christ" OHNE die diversen Folterszenen? Nicht viel. Eine darüber hinausgehende inhaltliche Aussage gibt es keine. Und dass es nicht gerade eine Wohltat ist, ausgepeitscht und gekreuzigt zu werden, dürfte wohl auch vor diesem Film jedem klar gewesen sein. Insofern ist dieser Film maßlos überschätzt, da er bis auf die breit ausgewalzten Folterszen nun mal absolut nichts an Inhalt bringt.
Exakt meine Meinung. Ich hab mich damals ziemlich geärgert dass ich für den Schund 9€ bezahlt habe.
Der Film hat eigentlich keinerlei Aussage, ausser eben dass es keinen Spass macht ans Kreuz genagelt zu werden und das, denke ich, wusste man vorher auch noch. Dann wurde noch teengerecht Jesus´ Auferstehung mit den Terminator beats zelebriert und das wars dann auch schon. Absoluter Schmodder!
Aber das ist halt Geschmackssache!

Irreversible empfand ich als sehr gelungen, auch wenn es echt hart war den Film zu sehen. Ich denke aber schon dass er ziemlich gut verschiedene Situationen anspricht, Dinge die man nie getan oder gesagt hätte (Cassels Flirterei auf der Party, oder der "Ich würde dich jetzt gern in den A.... f.... Spruch") wenn man wüsste was passieren könnte. Auch das mit dem Passanten fand ich enorm gut. Auch wenn viele hier nicht meiner Meinung sind, kann ich mir sehr gut vorstellen dass Menschen sich dem Leid abwenden wenn sie damit nicht selbst konfrontiert werden.
Ein sehr guter Film von einem sehr fähigen und mutgen Regiesseur.

Hana Bi´s Index Gequatsche finde ich einfach nur kindisch, sorry.

Zu den Larry Clark Filmen bin ich Moonshade´s Meinung. Sie haben diese gewisse Schärfe und Direktheit und ich finde sie nicht sonderlich übertrieben. Wenn man sich jetzt so bei den Jugendlichen umhört haben sie mit 15 schon doppelt soviele Geschlechtspartner gehabt wie ich mit 25. Aber da ich diese Dinge weiss und Tag für Tag erlebe brauche ich diese Art von Filmen nicht, da sie leider nur davon zu berichten vermögen.
"Wenn ich jetzt sterben würde, was würdest du machen?" -"Ich würd dich nicht sterben lassen!"

Hana-Bi

28 September 2005, 17:37:29 #21 Letzte Bearbeitung: 28 September 2005, 17:55:10 von Hana-Bi
Ich finde mein Index gelaber in keinsterweise kindisch, und finde es eigentlich mehr als schade das man das nicht respektiert, oder jemand meine Meinung teilt. Wenn sie schon nicht auf den Index kommen dann sollten sie wie Ken Park alle ab 18 sein. Villeicht gibt es ein paar möchtegern Jugendliche hier in Deutschland die dem Film Kids gerne nacheifern wollen(wenn das nicht schon längst so ist). Filme wie kids tragen noch einmal nachträglich dazu bei das mich auf der Straße schon 12 Jährige Kids dumm anmachen. Und selbst von meinem Kollegen der kleine Bruder der 13 ist hat sowohl Kids als auch Bully schon gesehen.  Daher finde ich meine Meinung gar nicht so kindisch.


Ach ja in England hat Kids ein BBFC 18 bekommen und ist immer noch cut. Ebenfalls ist Bully auch ab 18 in England.
Und da tritt wieder die Lücke im deutschen Jugendschutz auf. Die FSK meint das alles was etwas Aufklärungs Wert hat verdient keine FSK 18 egal wie brutal der Film ist. Und mir ging es nach Bully nicht gerade gut, als ob mir jemand einen heftigen tritt in den Magen verpasst hätte.
So sehr ich auch kein Larry Clark Fan bin Bully war nicht schlecht. Aber das ändert nichts and er Sache das ich die Altersfreigabe für diesen Film gerecht finde.

ACHTUNG SPOILER!!!!

Die Gründe dafür sind u.a. : Ein Junge wird die ganze Zeit von seinem Freund gedemütigt und verprügelt. Was plant er als Rache???? Anstat ihn mit seinen Kollegen mal so richtig zu ermöbeln planen sie einen Mord. Die Planung dauert ungefähr 45 Minuten bis sie ihren grässlichen Plan dann in die Tat umsetzen. Alles unter dem Einfluss von Drogen natürlich.

Gut die Lektion werden die Jugendlichen wohl gelernt haben als man rauskriegt das sie den Jungen ermordet haben, aber schuldgefühle sieht man bei den Jugendlichen nicht. Für mich sind alle Handlungen in dem Film ein FSK 18 Wert.
Noch schlimmer ist an der ganzen Sache ja das der Fall auf einer wahren Begebenheit basiert.

So ich hoffe man kann mich nun etwas besser verstehen. Ich hoffe man blickt etwas durch meine Welt durch ;-)

MFG
Hana-Bi

(Das mitlerweile Christiane F. nciht mehr in der Schule gespielt wird finde ich auch eine gute Sache. Auch dort ist die Englische Altersfrigabe 18 wieder vollkommen korrekt.)

whitesport

um das thema nicht wieder in eine ermüdende altersfreigabendiskussion und deren sinn abdriften zu lassen, wollte ich nochmal daran erinnern, dass es im thread ursprünglich darum ging, ob man gewalt (ganz gleich welcher art) überhaupt explizit darstellen sollte bzw "tabuthemen" zu verfilmen...

9thcfg

Zitat von: Cyrus am 27 September 2005, 16:49:40
Ist eine explizite Bildsprache nötig, um Emotionen zu wecken oder werden diese gerade durch das Wegschwenken der Kamera verstärkt, indem jeder seine Fantasie spielen lässt?

Die Frage ist im Hinblick auf Filme á la "Irreversible", "Die 120 Tage von Sado" oder anderer vermeintlicher Kunstfilme müßig, da sich jene Filme nicht sonderlich um ihren Plot oder einer entsprechenden Kommunikation an den Zuschauer scheren. Man nähert sich doch einem Film wie "Die 120 Tage von Sodom" oder auch "Cannibal Holocaust" nicht wirklich über den Plot, sondern über dessen Subtext, der dann einmal etwas über das faschistische Italien, das andere mal über mediale Gewalt berichtet. Durch eine enorme Verfremdung der Bildästhetik und anderer Stilmittel wird genug Distanz zwischen Zuschauer und dem Filmraum hergestellt, so dass sich der geneigte Rezipient einen Dreck um die Figuren kümmert. Emotionen können daher nicht aus dem Zusammenspiel der Figuren oder aus ausgepfeilten Charakteristika der Protagonisten evoziert werden. Es ist verständlich, dass sich Zuschauer dadurch, dass nicht mehr die Spielfigur im Film, sondern der Film selber durch abstoßende Bilder oder nervendem Soundtrack (Stichwort: Clubszene in "Irreversible") Emotionen wach rüttelt, irritiert oder sogar verärgert fühlen. In Wahrheit ist dies aber eine viel filmischere Erweckung der Emotion, da sie sich von der Kunstform des Theaters frei macht.

Einen Film wie Gibsons "Passion Christi" in dem Zusammenhang mit so hervorragenden Filmen wie "Irreversible" oder auch "Ken Park" zu nennen, halte ich für falsch, da dieser dieser "plot-driven" ist, also lediglich erzählerisch und emotional seine Gewaltdarstellung verkantet.

Lionelinho

Zitat von: Ed Wut am 28 September 2005, 04:07:11
Schön, dass Kids angesprochen wurde!
Ich hab den Film damals gesehen, war im gleichen Alter und fand meine Generation schon ganz gut dargestellt...
Jetzt, zehn Jahre später und nicht mehr fünfzehn, krieg ich dass kotzen, wenn ich den Film, oder Ken Park sehe.
Meine These dazu wäre, dass Larry Clark es schafft, das Lebensgefühl eines Teenagers in einer Art und Weise darzustellen (inklusive aller negativen Aspekte),
dass sich die jeweilige Generation darin wiederfinden kann. Sobald man allerdings "erwachsener" geworden ist, kann man sich auch nicht mehr mit den jugendlichen Tabubrüchen identifizieren und sieht Clark's Filme "mit anderen Augen".



Ganz genauso geht es mir auch!

Was Clarks Bully angeht: Wie bereits gesagt wurde, basiert die Verfilimung auf einer wahren Begebenheit. Ich finde nicht, dass Clark da selbstzweckhaft gefilmt hat, er hat sich eng ans Buch (also an die Fakten) gehalten, und auch was die Brutalität angeht, hat er sicher nicht annähernd gezeigt, was in der Realität Tatsache war.

Ansonsten, was das Thema betrifft, ich weiß nicht...Irgendwie hab ich mir das ganze Zeug (Salo, Irreversible, Menschenfeind, Baise Moi, All Night Long) früher reingezogen, weil es mich fasziniert hat. Sicherlich auch um meine Neugierde zu befriedigen und Extreme auszuloten. Mittlerweile interessieren mich diese "schockierenden" Sachen überhaupt nicht mehr. Das hab ich immerhin für mich herausgefunden...

Kerry

Zitat von: Lionelinho am  4 Oktober 2005, 14:22:41
Mittlerweile interessieren mich diese "schockierenden" Sachen überhaupt nicht mehr. Das hab ich immerhin für mich herausgefunden...
Geht mir so ähnlich...
... war halt früher auch noch "der Hauch des Verbotenen", wenn man sich solche Filme ansah.
Überhaupt kann mit leisen Filmen viel besser "schockiert" werden, wenn es denn sein soll. Habe mir am Wochenende z.B. "Million Dollar Baby" angeschaut. Dieses Meisterwerk kommt gänzlich ohne oberflächliche Effeckte aus und geht mir trotzdem näher als die oft zitierten "Tabubrecher", welche über die selbstzweckhafte Darstellung von Sex und Gewalt oft nicht herausgehen.
Auch bei einem "Tabubrecher" kommt es auf die Geschichte an; endlose und für die Handlung unnötige Sex/Gewalteinlagen finde ich einfach nur langweilig.

ganymed

hab nochmal drüber nachgedacht

bin auf jeden fall gegen zensur aber wegen altersbeschränkungen da würde ich vielleicht sogar für manche filme auf 21 oder noch höher ansetzten

bin grad 25 und jetzt erst auf filme wie 120 tage, irreversible, menschenfeind, ken park, bully, necromantic gestossen die ich eigentlich gerne sehen möchte in nächster zeit
also wär bei diesen meine altersbeschränkung bei 25 ...

naja ist immer die sache ist es besser jemand hat den film gesehen auch wenn er erst 16 war(z.b. requiem for a dream) oder der film ist halt ab 18 und er verpasst ihn


StS

Zitat von: ganymed am  4 Oktober 2005, 20:17:40
hab nochmal drüber nachgedacht

bin auf jeden fall gegen zensur aber wegen altersbeschränkungen da würde ich vielleicht sogar für manche filme auf 21 oder noch höher ansetzten

bin grad 25 und jetzt erst auf filme wie 120 tage, irreversible, menschenfeind, ken park, bully, necromantic gestossen die ich eigentlich gerne sehen möchte in nächster zeit
also wär bei diesen meine altersbeschränkung bei 25 ...

naja ist immer die sache ist es besser jemand hat den film gesehen auch wenn er erst 16 war(z.b. requiem for a dream) oder der film ist halt ab 18 und er verpasst ihn

Das geht ja nicht, da alle Menschen (zumindest auf dem Papier) mit 18 zu mündigen Erwachsenen werden...
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

ganymed

stimmt von daher würde das wirklich nicht gehen

aber umgekehrt gibt es ja sachen die auch ab 18 verboten sind also immer verboten sind




ich nenn mal beispiele für altersbeschränkungen die ich besser fände

z.b. kids und requiem for a dream ab 21-23

bei im fordergrund stehender gewalt ist es auch schwierig
da das aber warscheinlich leichter zu verstehen ist ab 18 oder ab 16 als minimum vielleicht


psychopaul

Zitat von: ganymed am  4 Oktober 2005, 20:58:35
requiem for a dream ab 21-23

Meiner Meinung nach ist das Schwachsinn.
In Zeiten, in denen sich 14-16jährige regelmäßig wegdröhnen (auch wenns natürlich hauptsächlich durch Alk passiert) können sich Jugendliche in dem Alter so einen Film doch ruhig ansehen, ich gehe sogar so weit zu sagen, der sollte Pflicht an Schulen werden... :icon_smile:
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