OFDb

Autoren- Thread: Jayson

Begonnen von Jay, 18 Februar 2007, 17:52:26

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Jay

Frisch rezensiert: David Cronenbergs neuer Thriller Tödliche Versprechen!

Chili Palmer


...und noch ein sehr gutes Review zum Film. Der ist ja kritiktechnisch inzwischen so gut ausgestattet, wie man sich das für jeden Film in der OFDb wünschen würde.

KANN SPUREN VON SPOILERN ENTHALTEN

Besonders gut gefielen mir die Umrisse, die du um Mortensens Charakter zeichnest:

ZitatNikolai, welcher die meiste Zeit des Films dazu verdammt ist, eine Sonnenbrille zu tragen, da ihm wahrscheinlich sonst die pure Energie aus den Augen fließen würde

ZitatAls Zuschauer weiß man, dass er faktisch auf der ,,falschen Seite" und zugleich irgendwie über allem steht.

Sehr gut getroffen, ebenso wie die Erklärung von Annas Antrieb durch ihre eigene gescheiterte Familie.

Und das sage ich nicht nur, weil ich das genauso empfunden habe.  ;)
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

McKenzie

10 Januar 2008, 00:24:42 #62 Letzte Bearbeitung: 10 Januar 2008, 00:26:39 von McKenzie
Ich bin auch ziemlich angetan von deinem Text, zumal du mit den familiären Subtexten einen Aspekt in den Vordergrund stellst, den ich selbst auch sehr interessant, allerdings nicht derart präsent empfunden habe (wofür evtl. auch, das deutest du ja auch indirekt an, eine Zweitsichtung von "A History of Violence" nützlich sein könnte), der aber wiederum auch zu meiner eigenen Sichtweise auf den Film (eine "Unschuldigkeits-Parabel") passt und sie ergänzt - insofern triffst du den Film auf Augenhöhe, vor allem auch was das Ende betrifft und Naomi Watts Charakter. Ich bedauere im Nachhinein ein wenig, das ich selbst die Figur von Vincent Cassel in meinem Review nicht eingehender untersucht habe...

Allerdings sind die beiden letzten Absätze wohl eine Art langes Fazit, das leider auch ein bischen zu sehr als solches zu erkennen ist, das nur als kleinen Abstrich am Rande.  :icon_cool:

Am Rande, weil man es viel besser eigentlich nicht auf die Kürze sagen kann:

ZitatDabei bedient er sich teilweise konventioneller Thrillerinhalte, die hier jedoch zu keinem Zeitpunkt die erste Geige spielen. Vielmehr faszinieren die kühlen Bilder, die rohe Energie und die Vielschichtigkeit des Werks, die genügend Raum für interessante Interpretationsansätze fernab der Oberfläche bieten.
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

vodkamartini

10 Januar 2008, 15:12:30 #63 Letzte Bearbeitung: 10 Januar 2008, 15:58:34 von vodkamartini
Hallo Jayson!
Sehr schöne Besprechung zu Cronenbergs neuesten Streich.  :respekt: Ich habe ihn gestern ja selbst (eher kurz) besprochen und daher noch relativ präsent. Obwohl ich die Sezierung familiärer Strukturen nicht so stark im Fokus sehe wie Du, hast du eine schlüssige und v.a. interessante Analyse abgeliefert. Parallelen zu A history of violence gibt es tatsächlich in Hülle und Fülle, wenn ich auch nicht die gleichen Schwerpunkte setzen würde. Aber wie öde und spannungsarm wäre die Filmkritik, wenn wir alle das Gleiche (hinein)interpretieren würden.
Der These, dass Cronenberg die von dir beschriebene "dritte" Familie im Film als disfuntional offenlegt bzw. dem Untergang geweiht präsentiert, kann ich allerdings nicht so recht folgen. Die "Mafiafamilie" besteht durchaus weiter, wenn auch in anderer Zusammensetzung. Wie es mit ihr weitergeht, bleibt jedenfalls völlig offen.
www.vodkasreviews.de

There's a saying in England: Where there's smoke, there's fire. (James Bond, From Russia with love)

Jay

Oh, hier hat sich ja einiges geregt!  :D
Freut mich, dass die Rezension zu "Tödliche Versprechen" so gut angekommen ist!
@ McKenzie: Es hat sich beim Schreiben in die Richtung entwickelt, dass ich meinen Fokus so stark auf diese familiären Aspekte gelegt habe. Hatte auch damit zu tun, dass mir diesbezüglich so manche Dinge aus "A History of Violence"- obwohl die Sichtung schon einige Zeit zurückliegt- noch ziemlich präsent im Kopf waren. Hatte während des Schreibens auch überlegt, ob ich einen Teil streiche, konnte mich aber nicht dazu durchringen.
Kannst du das mit der "Unschuldigkeits- Parabel" kurz näher ausführen?

Zitat von: McKenzie am 10 Januar 2008, 00:24:42
Allerdings sind die beiden letzten Absätze wohl eine Art langes Fazit, das leider auch ein bischen zu sehr als solches zu erkennen ist, das nur als kleinen Abstrich am Rande.  :icon_cool:
Da kann ich dir nicht einmal widersprechen... :icon_redface:

Zitat von: vodkamartini am 10 Januar 2008, 15:12:30
Der These, dass Cronenberg die von dir beschriebene "dritte" Familie im Film als disfuntional offenlegt bzw. dem Untergang geweiht präsentiert, kann ich allerdings nicht so recht folgen. Die "Mafiafamilie" besteht durchaus weiter, wenn auch in anderer Zusammensetzung. Wie es mit ihr weitergeht, bleibt jedenfalls völlig offen.

Cronenberg hat sich für "Tödliche Versprechen" für ein offenes Ende entschieden. Die Mafia respektive die "dritte Familie" besteht bis zu diesem Zeitpunkt natürlich weiter. Der Rest ist meine Interpretation davon, dass Nikolai seinen Auftrag schlussendlich zu Ende bringt und das vollzieht, was er mit dem Inspektor besprochen hat- nicht etwa das womit er Kirill überzeugen konnte, das Baby nicht fallen zu lassen (gemeinsam Vater vom Thron stoßen und zusammen die Mafia übernehmen). Hoffe, es ist klarer, was ich in diesem Zusammenhang gemeint habe!

McKenzie

Zitat von: Jay am 15 Januar 2008, 17:00:08
Kannst du das mit der "Unschuldigkeits- Parabel" kurz näher ausführen?

Ich hätte darüber und für all die Metaphern und Stilistiken, die Cronenberg dafür verwendet, Seiten schreiben können - das wollte ich aber eben nicht, es sollte eher eine Art Inspiration für den Leser sein, somit kann und will ich hier nur auf mein Review verweisen.  ;)
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Jay

Giallo, Giallo und noch mehr Giallo. Aldo Lados Malastrana/ Short Night of Glass Dolls. Aber mal zur Abwechslung kein Argento! ;)

Jay

Grausige Niederungen einer einstigen Ikone: Dario Argentos "Masters of Horror"- Beiträge Jenifer & Pelts in einer Doppelbesprechung!

Jay

Giulio Berrutis Geständnis einer Nonne: Konnte mich nicht wirklich überzeugen, aber lest selbst!

Jay


Sarge

Unsere Wege in der OFDb haben sich noch nicht allzu häufig gekreuzt, weshalb die Einschätzung jetzt vielleicht nicht unbedingt repräsentativ ist, aber: Der "Sweeney Todd"-Text hat mich angesprochen und ist auch ziemlich gut formuliert (und so kleine, nicht sofort ersichtliche Reminiszenzen wie die an "Shining" mag ich eh gerne), sodass ich in Zukunft öfter ein Auge auf deine Reviews werfen will, auch wenn sich über einige Dinge inhaltlicher Natur vielleicht streiten ließe (Ist Todd überhaupt noch ein Antiheld? Oder: das Verheizen und Verarbeiten zu Pastete ist zweifellos makaber, aber ist es hier auch wirklich gesellschaftskritisch?)

Jay

Deine positive Einschätzung freut mich sehr!
Zu den inhaltlichen Aspekten (insbesondere zu der Figur des Sweeney Todd): Wie hättest du Todds Funktion charakterisiert? Irgendwas mit stärker negativer Konnotation?
Zu den Pasteten: Ich finde da schimmert - vielleicht ein bisschen abstrakt betrachtet - dieser Gedanke des Profits auf Kosten anderer bzw. aus dem "Leid" anderer wieder! Der finanzielle Erfolg lässt für Mrs. Lovetts Pastetengeschäft auch nicht lange auf sich warten. Man könnte es aber auch als "Selbstverzehrung" der Gesellschaft betrachten. Vielleicht sind die Gedanken aber auch ein bisschen weit aus dem Fenster! ;)

Sarge

Ein gutes Beispiel für einen Antihelden ist ja für mich so McClane. Ein Typ, der gar kein Bock auf die ganze Scheiße hat, aber die "Heldentat" dennoch ausführt, den Dreck also wegkehrt, kompromisslos. Dabei haut er aber einen One-liner nach dem anderen raus, womit er das Publikum auf seiner Seite hat. Bei Sweeney Todd ist es eben die Frage, ob der Figur etwas Heldenhaftes überhaupt anhaftet? Muss man ziemlich eindeutig verneinen. Aber ob er das Publikum auch auf seiner Seite hat, das ließe sich halt diskutieren. Für mich zumindest ist Todds Antiheldentum nicht so klar und eindeutig.

"Selbstverzehrung" trifft es eigentlich auf den Punkt, allerdings in meinen Augen hinsichtlich des kannibalistischen Spaßes. Für Gesellschaftskritik fehlt mir dann doch wirklich die Kritik an der Gesellschaft. Mr. Lovett und Todd wollen ja jeden nehmen, keinen Unterscheid zwischen schwarz und weiß, groß und klein, jung und alt machen. Und Todds Motor und Hass auf die Gesellschaft wird ja eher vom persönlichen Schicksal angetrieben als vom Umstand, bsp. etwas verändern bzw. "Gutes" tun zu wollen.

Hedning

Zitat von: Sarge am 12 März 2008, 14:49:57
Ein gutes Beispiel für einen Antihelden ist ja für mich so McClane. Ein Typ, der gar kein Bock auf die ganze Scheiße hat, aber die "Heldentat" dennoch ausführt, den Dreck also wegkehrt, kompromisslos. Dabei haut er aber einen One-liner nach dem anderen raus, womit er das Publikum auf seiner Seite hat.

Ist das "keinen Bock haben" nicht ein bisschen dünn, um ihn zum Antihelden zu erklären?

Sarge

Wird er allein dadurch ja nicht. Das charakterisiert nur die Unfreiwilligkeit. Wie ich doch schrieb, ist es die Kombination aus diesem Hineinschlittern, nicht also das freiwillige, aus eigenem Antrieb, sich dem Gegner Stellen (wie klassischerweise Batman, Spiderman etc.), dem Die-Heldentat-trotzdem-Ausführen (dies aber eben kompromisslos, moralisch gesehen verwerflich, nicht heldenhaft) und der Publikumssympathie durch unterhaltsame Sprüche.

Jay

Zitat von: Sarge am 12 März 2008, 14:49:57
Ein gutes Beispiel für einen Antihelden ist ja für mich so McClane. Ein Typ, der gar kein Bock auf die ganze Scheiße hat, aber die "Heldentat" dennoch ausführt, den Dreck also wegkehrt, kompromisslos. Dabei haut er aber einen One-liner nach dem anderen raus, womit er das Publikum auf seiner Seite hat. Bei Sweeney Todd ist es eben die Frage, ob der Figur etwas Heldenhaftes überhaupt anhaftet? Muss man ziemlich eindeutig verneinen. Aber ob er das Publikum auch auf seiner Seite hat, das ließe sich halt diskutieren. Für mich zumindest ist Todds Antiheldentum nicht so klar und eindeutig.

Dann haben wir für den Begriff "Antiheld" einfach eine leicht differenzierte Defintion. Ich wollte nämlich mit diesem Begriff genau das zum Ausdruck bringen, was du anscheinend auch empfindest: Der Figur des Sweeney Todd haftet nichts heldenhaftes an. Antiheld = die Verkehrung des Heldentums ins negative Gegenteil!
Trotzdem, wenn ich deine Defintion davon lese, erkenne ich auch dort merkwürdigerweise eine Spur Todd wieder. Denn er gerät genauso unfreiwillig in eine Scheißsituation. Was in "Die Hard" die Terroristen sind, findet sich bei "Sweeney Todd" in der Figur des Richter Turpin wieder. Beide Protagonisten sind getrieben. McClane vom Überlebenswillen, Todd von Rache. Beide wären sicherlich glücklicher, wenn die Umstände sich nicht so entwickelt hätten, nehmen aber trotzdem ihre Bürde auf und tun, was ihnen in dem Moment als ihre "Pflicht" erscheint.




Sarge

McClane letztlich handelt ja aber doch irgendwie heldenhaft. Er stellt sich gegen Terroristen, rettet den Tag usw. (nur seine Mittel sind moralisch betrachtet eben nicht heldenhaft, antiheldenhaft; er ist keine vollkommen "reine" Figur). Und wie gesagt, im Sympathiefaktor unterscheidet er sich auch von Todd, der keine heldenhafte Tat ausführt, moralisch verloren ist, den Sinn für die gute Sache verloren hat.

Ich will und wollte deine Sicht übrigens nicht als falsch darstellen, genauso wenig wie die meinige die richtige ist. Sondern eben nur anmerken, dass sich über Antiheld ja/nein u.a. eben diskutieren lässt und das vielleicht nicht so eindeutig ist, was unsere Diskussion ja auch irgendwie bestätigt. Und letztlich scheinen wir uns eh an der Antiheldendefinition festzuhängen.


Jay

Nach langer Abstinenz mal wieder was Neues: Robert Montgomerys Die Dame im See nach einem Roman von Raymond Chandler.

filmimperator

Zitat von: Jay am 23 April 2008, 21:47:51
Nach langer Abstinenz mal wieder was Neues: Robert Montgomerys Die Dame im See nach einem Roman von Raymond Chandler.

Hallo Jay!

Hab den Film gestern auch eher ungewollt (im Rahmen eines Screenings für ein Seminar) gesehen und muss dich loben: Sehr schöne Kritik, die erschöpfend auf Chandlers Voralge (die ich nie gelesen habe) und seine Marlowe-Verfilmungen eingeht. Wenn ich diese schöne Review mir mal vorher zu Gemüte geführt hätte, hätte ich mir meine eigene dazu sparen können, denn du kritisierst im Grunde dasselbe wie ich: die mangelnde Identifikation und die schwache Dramaturgie - deswegen ist der Film eher mäßig.

Übrigens hab ich am Donnerstag "Das Cabinet des Dr. Caligari" gesehen und weiß jetzt mit deinem Avatar-Bildchen etwas anzufangen  ;)
Unterschiedliche Meinungen? Chuck Norris interessieren nicht mal die Fakten!

Jay

Zitat von: filmimperator am 10 Mai 2008, 13:12:38
Zitat von: Jay am 23 April 2008, 21:47:51
Nach langer Abstinenz mal wieder was Neues: Robert Montgomerys Die Dame im See nach einem Roman von Raymond Chandler.

Hallo Jay!

Hab den Film gestern auch eher ungewollt (im Rahmen eines Screenings für ein Seminar) gesehen und muss dich loben: Sehr schöne Kritik, die erschöpfend auf Chandlers Voralge (die ich nie gelesen habe) und seine Marlowe-Verfilmungen eingeht. Wenn ich diese schöne Review mir mal vorher zu Gemüte geführt hätte, hätte ich mir meine eigene dazu sparen können, denn du kritisierst im Grunde dasselbe wie ich: die mangelnde Identifikation und die schwache Dramaturgie - deswegen ist der Film eher mäßig.

Übrigens hab ich am Donnerstag "Das Cabinet des Dr. Caligari" gesehen und weiß jetzt mit deinem Avatar-Bildchen etwas anzufangen  ;)

"Die Dame im See" kann man sich nicht mal als Anhänger des Film noir noch großartig schön reden. Aber da sind wir ja einer Meinung. Danke jedenfalls für das Lob, kann ich nach Sichtung deiner Kritik zurückgeben. Wie hat dir "Das Cabinet..." gefallen?

An dieser Stelle sei noch auf meine aktuelle Rezension zu Francois Truffauts beeindruckendem Erstling Sie küßten und sie schlugen ihn hingewiesen! Großes, schönes Kino!

filmimperator

Zitat von: Jay am 12 Mai 2008, 21:59:03
"Die Dame im See" kann man sich nicht mal als Anhänger des Film noir noch großartig schön reden. Aber da sind wir ja einer Meinung. Danke jedenfalls für das Lob, kann ich nach Sichtung deiner Kritik zurückgeben. Wie hat dir "Das Cabinet..." gefallen?

Danke!  :respekt:

"Das Cabinet des Dr. Caligari" hat mich letztendlich doch etwas enttäuscht in Anbetracht zweier anderer Klassikers des deutschen Expressionismus wie "Metropolis" oder "Nosferatu", die ja durchaus stilbildend und sehr dynamisch waren. Allerdings waren meine Erwartungen auch äußerst hoch. Die Zwischentitel nehmen meiner Meinung nach dem Film etwas von seiner Dynamik und er verlässt sich zu sehr auf seine Mis-en-Scène, seine Bauten und Kostüme, sodass die Handlung als solche etwas litt. Alles in allem allerdings immer noch 8/10 von mir dafür.

Studierst du eigentlich "was mit Film"? Könnte man ja bei der Auswahl deiner rezensierten Filme annehmen...
Unterschiedliche Meinungen? Chuck Norris interessieren nicht mal die Fakten!

Jay

Zitat von: filmimperator am 14 Mai 2008, 17:34:35
Zitat von: Jay am 12 Mai 2008, 21:59:03
"Die Dame im See" kann man sich nicht mal als Anhänger des Film noir noch großartig schön reden. Aber da sind wir ja einer Meinung. Danke jedenfalls für das Lob, kann ich nach Sichtung deiner Kritik zurückgeben. Wie hat dir "Das Cabinet..." gefallen?

Danke!  :respekt:

"Das Cabinet des Dr. Caligari" hat mich letztendlich doch etwas enttäuscht in Anbetracht zweier anderer Klassikers des deutschen Expressionismus wie "Metropolis" oder "Nosferatu", die ja durchaus stilbildend und sehr dynamisch waren. Allerdings waren meine Erwartungen auch äußerst hoch. Die Zwischentitel nehmen meiner Meinung nach dem Film etwas von seiner Dynamik und er verlässt sich zu sehr auf seine Mis-en-Scène, seine Bauten und Kostüme, sodass die Handlung als solche etwas litt. Alles in allem allerdings immer noch 8/10 von mir dafür.

Studierst du eigentlich "was mit Film"? Könnte man ja bei der Auswahl deiner rezensierten Filme annehmen...

Naja, 8/10 kann ich ja gerade noch so akzeptieren  ;) Hier mal meine alte und leider ziemlich holprige Kritik zu Caligari. In meinen Augen kann "Das Cabinet..." gut mit "Nosferatu" mithalten - "Metropolis" kann er sogar noch überflügeln. Du hast Recht, wenn du "Caligari" als undynamisch empfindest. Es wird bis auf eine Ausnahme konsequent mit starren Einstellungen gearbeitet. Diesen Aspekt würde ich aber keinesfalls negativ auslegen, ganz im Gegenteil. Die allgemeine, beabsichtigte Künstlichkeit (die aufgemalten Schatten, die schiefen Ebenen, einfach das gesamte Dekor) wird durch diese theaterhafte Inszenierung perfekt zur Geltung gebracht. Die Handlung an sich, das geschickte Lenken und Leiten des Zuschauers, der Wechsel der Erzählebenen, finde ich äußerst brilliant.
Zu deiner Frage: Nein, zu meinem eigenen Bedauern studiere ich was gänzlich anderes. Bin einfach ein ganz normaler Wahnsinniger, der Kino über alles liebt!  ;) Bei dir ist es Journalismus, richtig?

filmimperator

Zitat von: Jay am 14 Mai 2008, 23:02:08
Zu deiner Frage: Nein, zu meinem eigenen Bedauern studiere ich was gänzlich anderes. Bin einfach ein ganz normaler Wahnsinniger, der Kino über alles liebt!  ;) Bei dir ist es Journalismus, richtig?

Nein - ich studiere Medienwissenschaft, "Filmwissenschaft" ist ein Teil davon, obwohl ich mich bisher eher nur wenig in die Richtung belesen habe. Das ist das Problem: Alles ist irgendwie interessant (besonders alte Filmtheorien von Balázs, Arnheim, Eisenstein und Co.), doch nur selten kann ich mich dazu aufraffen, von diesen Autoren etwas zu lesen bzw. ältere Filme zu schauen und mit entsprechendem theoretischen Wissen zu rezensieren.
Unterschiedliche Meinungen? Chuck Norris interessieren nicht mal die Fakten!

McKenzie

6/10 für "Mother of Tears"?!?  :eek: Ist das wirklich dein Ernst?

Kann man hier noch mit einem Review rechnen? Diesen Ausbund an Großzügigkeit bei der Bewertung dieses Sondermüllhaufens würde ich dann doch gerne (zumal von dir, die ganzen Lobgesänge von Leuten mit... hm... WEIT niedrigerem Niveau, sprich: Gorehounds, kenne ich schon zur Genüge...) schwarz auf weiß sehen.  :icon_eek:

Zumal du ja "The Card Player" der neben MOT wie ein Meisterwerk der Giallo-Kunst da steht, sehr unbarmherzig mit 2/10 und einem (nachvollziehbaren, aber wie ich finde übertriebenen) Vollveriss abgestraft hast.
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Jay

Zitat von: McKenzie am 12 Juni 2008, 03:16:32
6/10 für "Mother of Tears"?!?  :eek: Ist das wirklich dein Ernst?

Kann man hier noch mit einem Review rechnen? Diesen Ausbund an Großzügigkeit bei der Bewertung dieses Sondermüllhaufens würde ich dann doch gerne (zumal von dir, die ganzen Lobgesänge von Leuten mit... hm... WEIT niedrigerem Niveau, sprich: Gorehounds, kenne ich schon zur Genüge...) schwarz auf weiß sehen.  :icon_eek:

Zumal du ja "The Card Player" der neben MOT wie ein Meisterwerk der Giallo-Kunst da steht, sehr unbarmherzig mit 2/10 und einem (nachvollziehbaren, aber wie ich finde übertriebenen) Vollveriss abgestraft hast.

Ich finds ja schonmal gut, dass du mich trotz meiner Wertung nicht als Gorehound einschätzt. ;)
Der Text gammelte schon etwas länger auf meiner Festplatte, hab ihn mal für dich vorgekramt. Es ist keine wirklich geschliffen ausformulierte Kritik, sondern nur ein Kurzkommentar(Klick mich!). MOT ist in meinen Augen absolutes Mittelmaß. Ich bin Argento direkt dankbar, dass er nicht an den "Card Player" angeknüpft hat. Vielleicht ist die Wertung ein Resultat meiner heruntergeschraubten Ansprüche bzw. meiner Herangehensweis an MOT (u. a. auch bedingt durch deine Review).

Mr. Vincent Vega

Ich fand den Film auch nicht ganz uninteressant. Ästhetisch leider schwer problematisch, ist Argento zumindest darum bemüht, an Motive und Bilder seiner früheren Filme anzuknüpfen.

Hedning

Aber leider auf eine allzu bemühte und aufgesetzte Art und Weise...

McKenzie

15 Juni 2008, 05:52:41 #87 Letzte Bearbeitung: 15 Juni 2008, 06:21:16 von McKenzie
Zitat von: Jay am 13 Juni 2008, 00:08:07
Ich finds ja schonmal gut, dass du mich trotz meiner Wertung nicht als Gorehound einschätzt. ;)
Der Text gammelte schon etwas länger auf meiner Festplatte, hab ihn mal für dich vorgekramt. Es ist keine wirklich geschliffen ausformulierte Kritik, sondern nur ein Kurzkommentar(Klick mich!).

Danke!

Hmmm - das klingt aber eher nach 4 Punkten. :icon_mrgreen:

Zitat von: Jay am 13 Juni 2008, 00:08:07
MOT ist in meinen Augen absolutes Mittelmaß. Ich bin Argento direkt dankbar, dass er nicht an den "Card Player" angeknüpft hat. 

Stimmt, das hat er nicht. Er hat ihn sogar noch unterboten.  :icon_mad: Bezüglich des Kartenspielers empfehle ich dir (falls du es noch nicht kennst) das Interview auf der deutschen "Do you like Hitchcock"-DVD, sehr aufschlussreich.

Zitat von: Jay am 13 Juni 2008, 00:08:07
Vielleicht ist die Wertung ein Resultat meiner heruntergeschraubten Ansprüche bzw. meiner Herangehensweis an MOT (u. a. auch bedingt durch deine Review).

Dann hat mein Text ja doch noch jemandem geholfen.  :icon_lol: Ich bin auch sehr dankbar über viele OFDb-Verrisse, die mir einen leichteren Zugang zu manchem eigentlich nur mittelmäßigen und nicht unbedingt katastrophalen Film ermöglicht haben. Andererseits habe ich ja, wie erwähnt, von dem Film nicht mehr als eine trashige Retro-Exploitation-Schau in bizarrem Rahmen erwartet, eigentlich auch nicht allzu viel.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 13 Juni 2008, 03:42:24
Ich fand den Film auch nicht ganz uninteressant. Ästhetisch leider schwer problematisch, ist Argento zumindest darum bemüht, an Motive und Bilder seiner früheren Filme anzuknüpfen.

Nein! Das kann ich dir leider nicht glauben. Alleine schon die Vaginal-Pfählung der lesbischen Hexe müsste bei dir doch zum Aus geführt haben. Würdest du dich unter Umständen zu einem Kurzkommentar (eine Review-Anfrage wäre wohl ohnehin zwecklos) im Film-Thread hinreißen lassen?

Zitat von: Hedning am 13 Juni 2008, 12:06:14
Aber leider auf eine allzu bemühte und aufgesetzte Art und Weise...

D'Accordo.

Und das leider mit Erfolg, wenn man sich seitenlange Schwärmereien von Argento-Fans über diese lange, aber im Endeffekt ganz gewöhnliche Kamerafahrt durch das Hexenhaus durchliest, dann muss es anscheinend funktionieren. Hauptsache, die Bilder und die Morde stimmen, für mehr ist Argento eben nicht zu gebrauchen.
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Jay

*Den Thread abstaubend*

Nach langer Pause mal wieder eine Kritik von mir. Diesmal habe ich mich an Curtis Hansons großartigem L.A. Confidential ausgetobt.

Jay

Wer vielleicht einer, der dazu in der Lage ist, so nett und öffnet mir folgende meiner Reviews zur Nachbearbeitung:
1) L.A. Confidential
2) Die Dame im See
3) Sie küssten und sie schlugen ihn

Vielen Dank  :D


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