OFDb

Autoren-Thread: McKenzie

Begonnen von McKenzie, 17 Februar 2007, 17:27:29

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

0 Mitglieder und 6 Gäste betrachten dieses Thema.

McKenzie

16 Februar 2009, 15:59:27 #810 Letzte Bearbeitung: 16 Februar 2009, 16:25:35 von McKenzie
@ Senfdazu:

Ohje, ich habe dich ganz vergessen! Nichts neues in diesem Thread.  :icon_redface: :wallbash:

Bevor ich dieses Defizit bald / demnächst ausgleiche, erst einmal ein Hinweis auf meine erste "echte" Kritik seit einem Jahr, leider ein Verriss und somit keine gute Referenz, weil meine Verrisse grundsätzlich schlechter sind als meine Lobeshymnen.  :icon_sad: :icon_lol:

Vorerst "exklusiv" in einem weniger als halbfertigen Blog, den ich mit einigen Freunden eröffnet habe - meine Rätselraterei über die möglichen Gründe dafür, warum mich DER SELTSAME FALL DES BENJAMIN BUTTON ebenso angewidert wie beeindruckt hat:

http://www.eskalierende-traeume.de/blog/?p=187

Und warum nach so langer Pause einen solchen Film? Zufall und die Garantie, in der Masse der vorhandenen Kritiken zu speziell diesem Film nicht allzu negativ aufzufallen.  :icon_lol:
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Mr. Vincent Vega


McKenzie

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 Februar 2009, 16:29:29
:love: :love: :love:

Mehr später. ;)

Wie darf ich das verstehen? Bist du etwa froh, dass ich den Film nicht zum Meisterwerk prätentiert habe? :icon_mrgreen:
Das ist ja ein wahrer Konsens hier. Erschreckend. :eek: Bretzel muss dringend ein 9/10-Review verfassen, sonst bricht die Ökologie hier völlig zusammen.
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

korken

Zitat von: McKenzie am 16 Februar 2009, 15:59:27

Vorerst "exklusiv" in einem weniger als halbfertigen Blog, den ich mit einigen Freunden eröffnet habe - meine Rätselraterei über die möglichen Gründe dafür, warum mich DER SELTSAME FALL DES BENJAMIN BUTTON ebenso angewidert wie beeindruckt hat:

http://www.eskalierende-traeume.de/blog/?p=187

Ach der Herr McKenzie steckt dahinter. Wusste ich nicht. Ehrenwort.
In schöner Ausführlichkeit das Unbehagen (wie die partielle Freude) an David Fincher im Allgemeinen und Button im Speziellen artikuliert. Zustimmungsfähiger Text! :respekt:

McKenzie

18 Februar 2009, 08:21:10 #814 Letzte Bearbeitung: 18 Februar 2009, 08:26:11 von McKenzie
Zitat von: korken am 18 Februar 2009, 01:57:57
Ach der Herr McKenzie steckt dahinter. Wusste ich nicht. Ehrenwort.

Umso besser. So wurde mir endlich von jemandem, der "von mir weiss", völlig vorurteilsfrei gelesen. Seltenes Glück.  ;)
Wer weiß, wie du den Text aufgenommen hättest, hättest du gewusst, dass er von dem Typen stammt, der immer soviel polemisches Rührei in Rajkos Blog verteilt.  :icon_mrgreen:

Zitat von: korken am 18 Februar 2009, 01:57:57
In schöner Ausführlichkeit das Unbehagen (wie die partielle Freude) an David Fincher im Allgemeinen und Button im Speziellen artikuliert. Zustimmungsfähiger Text! :respekt:

Dieses "Unbehagen" kam mir eben erst wieder ins Gedächtnis, als ich im Kino saß. Eigentlich absurd, wie gespannt ich den Film erwartet habe in Anbetracht der Tatsache, dass ich zwar ZODIAC für ein Meisterwerk halte, Finchers übrige Filme mich aber reichlich kalt lassen und teilweise auch geärgert haben. Die Möglichkeit, ZODIAC könnte nur ein vereinzelter Glücksfall gewesen sein, habe ich soweit wie möglich verdrängt im Vorfeld.

Teilst du dieses Unbehagen denn?

Und darf ich aus der Umschreibung "schöne Ausführlichkeit" folgern, dass du den Text nicht als überlang, redundant und anstrengend empfunden hast?! Sogar ich finde ihn etwas zu ausgedehnt*... (Was aber nichts heißen will, ich finde 90 % meiner Texte aus verschiedenen Gründen unerfreulich und fast immer zu lang - nicht weil ich nicht selbst gerne lange Texte lese [im Gegenteil, wenn ich die Muse bereit habe] sondern weil ich mich immer frage, inwiefern mir nicht die knappe, komprimierte Gangart z. B. meiner Filmforen-Tagebucheinträge besser zu Gesicht steht. Und weil ich lange Texte immer als besonders starke Fremdsuggestion ansehe und ihr Lesen somit leicht eine Art "intellektuellen / interpretativen Spoiler" bedeuten kann [wenn man die von einem aufgestellten Thesen und Perspektiven konkret am Film "begründet"] - und ich möchte so nicht spoilern, nach Möglichkeit).

* Sonst stehe ich meist eisern zu der oft überdurchschnittlichen Länge meiner Texte. Aber nicht in diesem Fall. Ein Verriss sollte nach Möglichkeit immer kürzer sein als ein Loblied, in meinen Augen.
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Fastmachine

Dein Blogeintrag zu Benjamin Button gefällt mir sehr gut. Als Review in der OFDb hätte er auch seinen Platz, aber in diesem Fall wünschte ich mir, du würdest die interessanten, doch sehr weit abschweifenden Überlegungen zum Wandel der kreativen Kontrolle durch das Studiosystem straffen. Für den Gang deiner Argumentation zum Film ist nur ein Bruchteil davon nötig.

Kaum hatte er sich bei Zodiac etwas zurückgehalten, scheint Fincher wieder ein Rückfall seiner künstlerischen Hauptkrankheit einzuholen: Das mangelnde Gefühl für die künstlerische Angemessenheit rein äußerlich ,,beherrschter" Stilmittel.
In dieser Hinsicht bleibt sich Fincher nämlich sehr treu. Aber gut, die Meinungen gerade zu diesem Regisseur gehen ja extrem auseinander.

Was mich jedoch irritiert, ist deine Einschätzung von ,,Zodiac" als Meisterwerk. Zwar schlägt Fincher ein überlegteres Tempo an, zwar gelingt es ihm, das zerstörerisch -  selbstzerstörerische dieser Tätersuche deutlich zu machen. Aber auch hier: hinter der behaupteten existentiellen Bedeutung tut sich Leere auf. Die Unfähigkeit, menschliche Beziehungen überhaupt glaubwürdig auf die Leinwand zu bringen. Man sehe nur die ,,Liebesgeschichte" und den ,,Verfall der Familie" des Helden.
Hier schließt sich Zodiac nahtlos an die ebenso wenig überzeugenden früheren Filme Finchers an.

Es ist andererseits traurig, wenn sich manche Vorurteile gegen Regisseure so bestätigen. Als ich im Kino den Trailer zu Benjamin Button sah, hatte ich gewisse Zweifel. Nach deinem Review keine mehr. Schade. Du kannst selbst mir Illusionen rauben.
Kann man Finchers Anmaßungen auch als faszinierend empfinden, wie du es tust? Hm. Vielleicht ist das aber tatsächlich mal genauerer Überlegung wert.
Ich mag keine Filme; die verblöden nur. (Alfons d. Ä.)

McKenzie

Zitat von: Fastmachine am 18 Februar 2009, 18:58:25
Als Review in der OFDb hätte er auch seinen Platz

Ich stelle ihn auch noch in die OFDb, sobald er nicht mehr auf Seite 1 des Blogs ist - oder verlinke ihn, je nachdem.
Eigentlich hätte ich ihn sowieso lieber in der OFDb veröffentlicht, da ich mir eigentlich geschworen hatte, im Blog nichts zu posten, bevor er nicht in eine vorzeigbaren Form gebracht wird - was momentan ja offensichtlich noch nicht gegeben ist.

Aber Solidarität für das freundschaftliche Gemeinschaftsprojekt hat mich dann doch umgestimmt.

Zitat von: Fastmachine am 18 Februar 2009, 18:58:25
aber in diesem Fall wünschte ich mir, du würdest die interessanten, doch sehr weit abschweifenden Überlegungen zum Wandel der kreativen Kontrolle durch das Studiosystem straffen. Für den Gang deiner Argumentation zum Film ist nur ein Bruchteil davon nötig.

Eigentlich umfassen selbige doch nur einen Absatz - und ich glaube, dass sie für Außenstehende essentiell sind, um meinen Zugang zum Film nachzuvollziehen - denn der bewegt sich (und das steht im Text wohl leider nur zwischen den Zeilen) zwischen totaler Ablehnung und ganz großer Faszination. Wie ich schon im Filmthread schrieb - der Film ist grottenschlecht und großartig zugleich.
Und dem "warum" gehe ich ja nach und eben jenes sehe ich, gerade nach ZODIAC in den grundverschiedenen Produktionsumständen und nicht so sehr bei Produzenten oder bei Fincher selbst.
Ein Freund von mir, der mir für den Text einige stilistische Anregungen gegeben hat, wies mich auch darauf hin, dass diese Einleitung missverständlich wäre - es geht nicht um kreative Kontrolle durch das Studiosystem sondern eher um mangelnde Risikobereitschaft und den ewigen, langen Kompromiss, der sich auch heute noch Hollywood nennt - und leider steht dieses Marke nicht mehr für die gleichen Qualitäten wie einst.

Zitat von: Fastmachine am 18 Februar 2009, 18:58:25
Kaum hatte er sich bei Zodiac etwas zurückgehalten, scheint Fincher wieder ein Rückfall seiner künstlerischen Hauptkrankheit einzuholen: Das mangelnde Gefühl für die künstlerische Angemessenheit rein äußerlich ,,beherrschter" Stilmittel.
In dieser Hinsicht bleibt sich Fincher nämlich sehr treu. Aber gut, die Meinungen gerade zu diesem Regisseur gehen ja extrem auseinander.

Nun, eben diese Aussage zeigt sehr schön, was ich in meiner Kritik vermeiden wollte: Wieder in meine enervierte Fincher-Lästerei verfallen und ihm die gesamte Schuld an den missglückten Aspekten des Films in die Schuhe zu schieben. Ich glaube nur inzwischen (und je mehr ich darüber lerne, desto weniger tue ich das) nicht mehr daran, dass man im heutigen Studiosystem bei einem Projekt diesen Ausmaßes den Regisseur zum Sündenbock machen kann. Das wäre im alten Studiosystem noch möglich gewesen. Aber nicht ausnahmslos: Die Unebenheit und merkwürdig diffuse Gestaltung von CLEOPATRA ist z. B. unmöglich als alleinige Schuld von Joseph L. Mankiewicz (immerhin selbst auch ein Autorenfilmer des Studiosystems) anzusehen. Aber auch in diesem Fall gibt es noch zwei Sündenböcke: Elizabeth Taylor und Darryl F. Zanuck.

Zitat von: Fastmachine am 18 Februar 2009, 18:58:25
Was mich jedoch irritiert, ist deine Einschätzung von ,,Zodiac" als Meisterwerk. Zwar schlägt Fincher ein überlegteres Tempo an, zwar gelingt es ihm, das zerstörerisch -  selbstzerstörerische dieser Tätersuche deutlich zu machen. Aber auch hier: hinter der behaupteten existentiellen Bedeutung tut sich Leere auf. Die Unfähigkeit, menschliche Beziehungen überhaupt glaubwürdig auf die Leinwand zu bringen. Man sehe nur die ,,Liebesgeschichte" und den ,,Verfall der Familie" des Helden.
Hier schließt sich Zodiac nahtlos an die ebenso wenig überzeugenden früheren Filme Finchers an.

Menschliche Beziehungen glaubwürdig zu zeigen, das war wohl noch nie das Ziel von Fincher, auch nicht in ZODIAC, den ich nicht wirklich als realistischen Film, bzw. Film mit Realismusanspruch empfinde, trotz seines akribischen Kostümdesigns etc. ZODIAC ist beinahe noch extreme stilisiert und von der Wirklichkeit entfremdet als z. B. SE7EN - vor allem deshalb, weil seinem Protagonisten jeder Realitätssinn langsam abhanden kommt. Der Film verharrt über weite Strecken in seiner Geisteshaltung (nicht in seiner Perspektive) und somit ist es nur konsequent, wie Graysmiths Familie im Film "abgefertigt" wird - sie ist im Film nicht wichtiger als Graysmith für Dave Toschi ist. Diese "emotionale Hierarchie" der Figuren, von ihnen selbst errichtet, verleiht dem Film eine weitere Metaebene die nur von dem torpediert wird, was ich in meiner alten OFDb-Kritik als dramaturgisches Konzept beschrieben habe.

Für mich gibt es kaum einen großen amerikanischen Film der letzten Jahre, auf den das Adjektiv "leer" (oder laut dir "neuerliche Fincher-Scharlatanerie"  ;)) von meiner Warte aus so deplaziert wirkt - ZODIAC ist so unglaublich reich, komplex, sensibel, auf eine erwachsene Art und Weise experimentell und ein zutiefst menschlicher, existenzialistischer und in diesen Eigenschaften transzendenter Film. Ein Adjektiv, dass ich auch in meinem BB-Text verwendet habe, trifft es perfekt: ZODIAC ist ein durch und durch sublimer (und mystischer) Film. Aber ich kann verstehen, dass man Fincher nicht plötzlich soviel Vertrauen schenken mag, wenn man so zu ihm steht wie du und ich (und nach Benjamin Button stehe ich wieder so zu ihm wie einst).  ;)

Zitat von: Fastmachine am 18 Februar 2009, 18:58:25
Es ist andererseits traurig, wenn sich manche Vorurteile gegen Regisseure so bestätigen.

Auf jeden Fall. Mir ist schon lange nicht mehr bei einem sehnlich erwarteten Film im Kino die Kinnlade so tief gesunken.

Und trotzdem war und bin ich beeindruckt.

Zitat von: Fastmachine am 18 Februar 2009, 18:58:25
Du kannst selbst mir Illusionen rauben.
Kann man Finchers Anmaßungen auch als faszinierend empfinden, wie du es tust? Hm. Vielleicht ist das aber tatsächlich mal genauerer Überlegung wert.

NEIN! Sieh ihn dir ruhig an!!!  :eek: Im übrigen fällt mir gerade noch ein, dass ich in SE7EN alle Szenen mit Gwyneth Paltrow besonders toll finde. Und das hier schon der ZODIAC-Fincher durchschimmert. Und jetzt fürchte ich mich, den Film noch einmal anzusehen. Am Ende stufe ich ihn noch auf 8/10 hoch.  :eek:

ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Fastmachine

Das Finchers Welten keine Realitätsabschilderungen sind, leuchtet ein und wird von mir auch nicht bestritten. Es geht um die innere Konsistenz dieser Kunstwelten. Über die Differenz zwischen behaupteten existentiellen Themen und den tatsächlich durch den Film eingelösten.

Dein zentraler Absatz
ZitatJedenfalls ist THE CURIOUS CASE OF BENJAMIN BUTTON als Film eben dem grausamen Schicksal seines Protagonisten gleich mit erlegen: Ebenso wie Benjamin Button keine Ausbildung einer Persönlichkeit, kein Reife-Prozess im irdischen Sinn oder schlicht und ergreifend eine mentale Unabhängigkeit von seiner Umwelt vergönnt ist [eher noch wird ihm all das mit völliger Beiläufigkeit vorenthalten], so bleibt all das auch dem von ihm erzählenden Film versagt. Ganz genauso wie Benjamin mit Erfahrungswerten – die er aber stets nur in abstrahierter Form erhält, behandelt und angesehen als Kind im Körper eines Greises und als Greis im Körper eines Teenagers – jongliert, ohne daraus ein wirklich pragmatisch verwertbares Resümee zu ziehen, so spielt auch der um seinen redundanten Prozess des Heranwachsens modellierte Film Ping Pong mit den Anforderungen, die an ihn gestellt werden, und zahllosen brillanten Einfällen seines Regisseurs, die dieser, aus welchen bei ihm liegenden Gründen auch immer, nicht in Einklang bringen kann mit den Anforderungen, von denen man nicht glauben möchte – wohl aber könnte – dass er sie auch an sich selbst stellt.
hört sich eben in meinen – vielleicht zu voreingenommenen - Ohren nach der typischen Fincherhaltung an.

Und noch zum Thema Fincher-Bashing: Natürlich kann man Fincher nicht für alles die Alleinschuld geben, angesichts der industriellen Produktion eines 150 Millionen Projektes mit den entsprechenden Interessen der Investoren. Aber darum geht es nicht. Es geht mir um etwas, was ich eben bei Fincher zu erkennen meine und bei anderen Regisseuren, die unter ähnlichen Bedingungen arbeiten müssen, so eben nicht zu erkennen ist.

Etwas, das mich schon in ,,Seven" irritierte, aber erst jetzt, wo es eine größere Zahl von Fincher- Filmen gibt, wirklich auf den Begriff zu bringen ist als Werkonstante. Nämlich die konstante Unfähigkeit Finchers, glaubwürdige Geschlechtsbeziehungen erwachsener Menschen auf die Leinwand zu bringen. Für jemand, der eben den Anspruch mit sich rumträgt, keine simplen Genrefilmchen nach Schema-F runterzukurbeln, etwas wenig.

Eine stilisierte Kunstwelt mag noch so trickreich realisiert sein, was zählt ist, ob sie ihre Gestaltung der inhaltlichen und formalen Aspekte zu etwas werden lässt, was die Menschen interessiert, was sie unterhält und, im besten Sinne, ihre Weltsicht erweitert.

Insofern: Was soll mich ein Film über eine rückwärts alternde Hauptfigur interessieren, außer eben als tragische Experimentalvorstellung zur Liebe, ihrer Entwicklung, Reife und Wandlung? Was der Film ja laut deinem Review eben genau nicht leistet.

Unter diesem Aspekt schau dir Zodiac mal genauer an. Was ist darin ,,erwachsen"? Der Film huldigt dem dümmsten Sexualklischee aller Slasher: Wer Sex hat, stirbt. Was schon von ,,Scream" verulkt wurde. Alle Figuren sind praktisch asexuell, außer eben der ,,Verdächtige". Wer überhaupt sinnlichen Genüssen zugeneigt ist, verkommt (Der ,,Säufer" in der Redaktion) und wird von Fincher durch das Motiv des Beinüberschlages mit dem sexuell pervertierten Verdächtigen gleichgesetzt. Sinnlichkeit = Verderbtheit.
Das Ganze soll ja eben nicht nur ein ,,Thriller" sein, sondern auch die menschlichen Abgründe des besessenen Täters und des besessenen Jägers aufzeigen. Den Realitätsverlust, den der Film eben nicht aufzeigt, sondern größtenteils abspult, indem er lang und länger wird.
Gerade der Verfall Graysmiths bleibt recht farblos, ganz zu schweigen von seiner gescheiterten Beziehung, die von A-Z unglaubwürdig ist. 150 Minuten Schnitzeljagd, an deren menschliche Substanz ich keine Sekunde glaube.
Das mag an der Buchvorlage liegen, die ja von Graysmith stammt. Ich kenne das Buch nicht, aber nach den Informationen, die ich finden konnte, ist es alles andere als unumstritten. Sowohl in seinen Thesen, als auch in seiner Haltung, die oft als eitle Selbstdarstellung des Autors angesehen wird. Das mag sein, wie es will, aber leider erkenne ich genau diese Haltung in Finchers Film wieder. Fincher folgt brav der Graysmithschen Propaganda für seine manisch-hobbyistische Schnitzeljagd, ihren Irrwegen, ihren Weglosigkeiten, aber bürstet seine Figuren nicht einmal gegen den Strich. 150 Minuten. Und? Das Ermittlungen öfters ins nichts führen. Man hochverdächtige Personen laufen lassen muss. Und? Kennt jeder Polizist, der ein paar Dienstjahre auf dem Buckel hat. Das ist das Resultat eines 150minütigen ,,nonkonformistischen" Films?
Vor allem: dieser Graysmith interessiert mich nicht. Weil ich glaube, dass er uns nur ein Abziehbild seiner Person gegeben hat in seinem Buch. Aber Fincher daraus keinen dreidimensionalen Charakter gemacht hat. Einen, der liebt, leidet und lebt. Sondern auch in seiner als Selbstrechtfertigung gedachten Version der Zodiac-Geschichte nur eine Frage aufkommen lässt: Warum soll ich mich dafür interessieren?  ,,Zodiac" ist tot, Graysmith öde.

Oh – da bin ich schon wieder ins Fincher-Bashing verfallen. Aber: ich werde mir Benjamin Button ansehen. Die Faszination des Bösen eben.  :algoschaf:

Zitat
NEIN! Sieh ihn dir ruhig an!!!  :eek: Im übrigen fällt mir gerade noch ein, dass ich in SE7EN alle Szenen mit Gwyneth Paltrow besonders toll finde. Und das hier schon der ZODIAC-Fincher durchschimmert. Und jetzt fürchte ich mich, den Film noch einmal anzusehen. Am Ende stufe ich ihn noch auf 8/10 hoch.  :eek:

Gwyneth Paltrow? Die unbefleckte Heilige Mutter aus Seven?  :icon_twisted:
Ich mag keine Filme; die verblöden nur. (Alfons d. Ä.)

korken

Zitat von: McKenzie am 18 Februar 2009, 08:21:10

Dieses "Unbehagen" kam mir eben erst wieder ins Gedächtnis, als ich im Kino saß. Eigentlich absurd, wie gespannt ich den Film erwartet habe in Anbetracht der Tatsache, dass ich zwar ZODIAC für ein Meisterwerk halte, Finchers übrige Filme mich aber reichlich kalt lassen und teilweise auch geärgert haben. Die Möglichkeit, ZODIAC könnte nur ein vereinzelter Glücksfall gewesen sein, habe ich soweit wie möglich verdrängt im Vorfeld.

Teilst du dieses Unbehagen denn?

Aber ja doch. Dieses Unbehagen bestand m. E. darin, dass Finchers Filme vor Zodiac ein oder zwei interessante Prämissen hatten, die, affektuell stellenweise durchaus wirksam, auf ihre technizistische Durchdringung hin vereinseitigt wurden, der Anspruch der duch diese Prämissen gesetzt wurde dadurch aber zur Prätention (im Nicht-VVschen Sinne) gerann. Die Freude auf einen neuen Film von Fincher, obwohl man letztendlich immer enttäuscht wurde. Und erst im (vermeintlich) diskreten Stil Zodiacs findet überhaupt erst so etwas wie eine dialektische Konstellierung von Gegenstand und Methode seinen Ausdruck, die eben nicht mehr von Reißbrettapplikationen bestimmt wird. Die es im übrigen auch seinen Apologeten so leicht machte, die Filme theoretisch abzufrühstücken und als große Kunst zu feiern, denn sie sind halt doch sehr themenlastig und vordergündig in der Weise, wie sie an den arrivierten Theoriediskurs andocken. Zodiac macht es sich da nicht so leicht, schon weil er keine "Bedeutsamkeit" ausstellt, sondern man darauf angewiesen ist, das was den Film zusammen hält, zu erschliessen. Mal ganz ab davon, dass das natürlich ein klassischer Hollywoodfilm ist. Aber das waren, bei allem Brimborium, die anderen Fincher-Filme natürlich auch. Kommt halt immer darauf an, was man sich innerhalb der selbst gesetzten Grenzen doch selbst noch ermöglicht.     

Zitat
Und darf ich aus der Umschreibung "schöne Ausführlichkeit" folgern, dass du den Text nicht als überlang, redundant und anstrengend empfunden hast?! Sogar ich finde ihn etwas zu ausgedehnt*... (Was aber nichts heißen will, ich finde 90 % meiner Texte aus verschiedenen Gründen unerfreulich und fast immer zu lang - nicht weil ich nicht selbst gerne lange Texte lese [im Gegenteil, wenn ich die Muse bereit habe] sondern weil ich mich immer frage, inwiefern mir nicht die knappe, komprimierte Gangart z. B. meiner Filmforen-Tagebucheinträge besser zu Gesicht steht. Und weil ich lange Texte immer als besonders starke Fremdsuggestion ansehe und ihr Lesen somit leicht eine Art "intellektuellen / interpretativen Spoiler" bedeuten kann [wenn man die von einem aufgestellten Thesen und Perspektiven konkret am Film "begründet"] - und ich möchte so nicht spoilern, nach Möglichkeit).

* Sonst stehe ich meist eisern zu der oft überdurchschnittlichen Länge meiner Texte. Aber nicht in diesem Fall. Ein Verriss sollte nach Möglichkeit immer kürzer sein als ein Loblied, in meinen Augen.

Ich finde, dass man deinen Gedanken sehr gut folgen kann, eben weil Du sie peu à peu (mit wenigen Voraussetzungen) entblätterst. Diese Disziplin muß man erst mal haben. Ich habe sie nicht.

MMeXX

Mal kurz zwischendurch. Ich mag es ja, wenn mehr über Filme gesagt wird als "War toll. Dumme Darsteller. Schöne Explosionen".

Aber was soll das genau bedeuten:
Zitat von: korken am 19 Februar 2009, 03:37:26
ein oder zwei interessante Prämissen hatten, die, affektuell stellenweise durchaus wirksam, auf ihre technizistische Durchdringung hin vereinseitigt wurden,
?

Für mich steht da etwas von "der Vereinseitung von interessanten Voraussetzungen hinsichtlich der Durchdringung technischer Ausdrucksweisen, (die [Voraussetzungen] gefühlsbetont (affektuell? eher affektiv) stellenweise wirksam sind)".

Kannst du das vielleicht an einem Beispiel erläutern? Ich steige da noch nicht so recht durch, vielleicht habe ich aber auch bei einigen Begriffen einfach eine andere Vorstellung... Danke im Voraus

Mr. Vincent Vega

Zitat von: korken am 19 Februar 2009, 03:37:26
dadurch aber zur Prätention (im Nicht-VVschen Sinne) gerann

Kurzer Einwurf: Nicht ich habe die Begrifflichkeit für geschmäcklerische Meinungspolemik zweckentfremdet, variiert und modifiziert, und zum inflationären Einsatz geführt, um mein Schubladendenken ausbauen zu können ... das war immer noch der Hausherr höchstpersönlich. Der Rest untersteht den Gesetzen der Assimilation. :icon_mrgreen:

McKenzie

19 Februar 2009, 14:46:03 #821 Letzte Bearbeitung: 19 Februar 2009, 14:56:25 von McKenzie
Zitat von: MMeXX (Fischkutter) am 19 Februar 2009, 13:20:12
Aber was soll das genau bedeuten:
Zitat von: korken am 19 Februar 2009, 03:37:26
ein oder zwei interessante Prämissen hatten, die, affektuell stellenweise durchaus wirksam, auf ihre technizistische Durchdringung hin vereinseitigt wurden,

Das wollte ich auch schon fragen, es hat sich mir auch nicht ganz erschlossen.  :icon_lol:

Ich habe es aber auch in etwa so verstanden (für den kurzen Moment intuitiv von emotionaler Wirksamkeit / Vereinnahmung, letztlich aber doch technokratisch zusammengenäht und somit eben darüber nicht hinausgehend) [?]

Ganz schön p. eigentlich, diese Formulierung. :icon_mrgreen: Aber ich will ja nichts gesagt habe, bestimmte rezeptorische "Sachverhalte" lassen sich ohne derlei Gefrickel nur schwer erfassen.

Da ich davon ausgehe, dass ich hier in etwa erfasst habe, worauf die hinauswillst, würde ich dir voll und ganz zustimmen, zumindest hinsichtlich SE7EN, FIGHT CLUB und PANIC ROOM (THE GAME kenne ich noch nicht). So befremdlich und unangenehm, wie ich den inszenatorischen Absolutismus in FIGHT CLUB auch finde, er hat Momente und Bilder, denen man sich einfach nicht entziehen kann, z. B. die Sitzungen der Selbsthilfegruppe oder das erste Aufeinandertreffen von Pitt und Norton. Es wäre sicherlich vermessen, zu behaupten, dass Fincher sich in ZODIAC völlig von dieser Bürde befreit (die man eben so nicht als "Style over substance" bezeichnen kann, weil, wie du schon richtig anmerkst, theoretisch all die Argumente der Anhänger bezüglich des gesellschaftlichen Reflexionspotenzial der Filme, schlüssig sind, bzw. scheinen), aber zumindest nimmt sie dort bei weitem nicht mehr den ersten Platz ein. In gewisser Hinsicht ist ZODIAC sozusagen der erste "devote" Fincher, weil er seine Form hier hintern den filmischen Bedürfnissen des Drehbuchs hintenanstellt.

Zitat von: korken am 19 Februar 2009, 03:37:26
der Anspruch der duch diese Prämissen gesetzt wurde dadurch aber zur Prätention (im Nicht-VVschen Sinne) gerann.

Und somit hast du mir den perfekten Satz geliefert, den zu zitieren konstruktiv wäre, wenn ich irgendwann in Zukunft wieder einmal die Notwendigkeit sehe, Finchers Kino und im besonderen FIGHT CLUB als "Neo-Prätention" zu bezeichnen.
Finchers Filme sind ja unglaublich modern und in jeder Hinsicht Kinder unserer Zeit die soviel wie möglich mit neu gewonnenen kinematischen Optionen und Zeitgeist-Erscheinungen arbeiten. Eines Tages wird man FIGHT CLUB in einer Reihe nennen mit REBEL WITHOUT A CAUSE, EASY RIDER, THE ROCKY HORROR PICTURE SHOW und STREETS OF FIRE, als echten Zeitgeist-Kultfilm, der, wie nur wenige andere Filme, die mediale Omnipräsenz seines Zeitgeistes aufrecht erhält und vertritt und sich diesen Titel so sehr verdient wie nur wenige andere Zeitgeist-Filme seiner Dekade.
Da aber nunmal das Kino, bzw. das Mainstream-Kino heute postmodern aus Prinzip ist, verquicken sich diese filmische Postmoderne und der "popkulturelle" (Anführungszeichen beachten) Zeitgeist der späten 90iger zu einem Gebräu, für das ich (und nicht wegen dem ich) in Ermangelung eines umfassenden Fachbegriffes, den die Eigenkreation "Neo-Prätention" verwende. Und ich hoffe dass dessen Funktion und Bedeutung anhand dieser Erklärung offensichtlicher wird und sinnvoller erscheint.

Zitat von: korken am 19 Februar 2009, 03:37:26
Und erst im (vermeintlich) diskreten Stil Zodiacs findet überhaupt erst so etwas wie eine dialektische Konstellierung von Gegenstand und Methode seinen Ausdruck, die eben nicht mehr von Reißbrettapplikationen bestimmt wird. Die es im übrigen auch seinen Apologeten so leicht machte, die Filme theoretisch abzufrühstücken und als große Kunst zu feiern, denn sie sind halt doch sehr themenlastig und vordergündig in der Weise, wie sie an den arrivierten Theoriediskurs andocken.

Dazu bleibt mir nicht viel zu sagen. Das Phänomen der weitläufigen Fincher-Rezeption stichhaltig auf den Punkt gebracht.

Zitat von: korken am 19 Februar 2009, 03:37:26
Zodiac macht es sich da nicht so leicht, schon weil er keine "Bedeutsamkeit" ausstellt, sondern man darauf angewiesen ist, das was den Film zusammen hält, zu erschliessen. Mal ganz ab davon, dass das natürlich ein klassischer Hollywoodfilm ist. Aber das waren, bei allem Brimborium, die anderen Fincher-Filme natürlich auch. Kommt halt immer darauf an, was man sich innerhalb der selbst gesetzten Grenzen doch selbst noch ermöglicht. 

"        "         "         "

Außer dem letzten Satz - den könnte ich nämlich auch als zusammenfassende Frage unter mein BENJAMIN BUTTON-Review setzen, denn - ich hoffe, das wurde dir erkenntlich, offenbar wurde der Text schon von einigen unserer bekannten Kollegen diesbezüglich missverstanden - meine gesamte Argumentation baut letztlich nur auf dieser Frage auf, die natürlich sehr treffend umschreibt, warum es eben paradox (von mir) war, nach ZODIAC augenblicklich eine Fortsetzung dieser disziplinierten Linie zu erwarten, bei derartigen Vorraussetzungen. Und natürlich auch, warum ich es (du anscheinend ja auch) dennoch getan habe.

Zitat von: korken am 19 Februar 2009, 03:37:26
Mal ganz ab davon, dass das natürlich ein klassischer Hollywoodfilm ist.

Und das sollte man auch noch einmal groß herausheben. Was die populäre Rezeption Finchers an sich so ärgerlich macht, ist schließlich die mit konstanter Sturheit aufgestellte Behauptung, Fincher sei in Hollywood so etwas wie ein Avantgardist, was natürlich so eine groteske Verzerrung ist. Einige minutiös platzierte Genital-Frames oder ein Feuer-Smilie auf einer Hochhaus-Fassade in FIGHT CLUB machen noch keine Subversion und in ihrer Erzählstruktur sind Finchers Filme - außer eben auch ZODIAC, wie ich schon schrieb - bislang ausgesprochen angepasst, brav und konventionell. Was auch nicht weiter schlimm ist. Darauf basiert schließlich ihr Erfolg. Ich schrieb an anderer Stelle schon einmal, dass David Lynch eigentlich kein echter Surrealist wäre, weil trotz der fehlenden erzählerischen Struktur seiner Filme die einzelnen Segmente, Szenen, Momente, stets einer strengen dramaturgischen Konstruktion unterliegen - und das eben dieses Prinzip, dass mir gerade an INLAND EMPIRE besonders ins Auge stach, dem Geist des Surrealismus widersprechen würde. Und gerade das begründet aber den Erfolg von Lynch: Es ist alles so wahnsinnig schräg, verstörend, schrill und anders - verläuft aber eben in Bahnen, in denen sich jeder zuhause fühlen kann, weil sie klassischer Filmdramaturgie entsprechen.

Zitat von: korken am 19 Februar 2009, 03:37:26
Ich finde, dass man deinen Gedanken sehr gut folgen kann, eben weil Du sie peu à peu (mit wenigen Voraussetzungen) entblätterst. Diese Disziplin muß man erst mal haben. Ich habe sie nicht.

Ich nehme an, du meinst damit die Selbstdisziplin, die es erfordert, nicht eine Unwucht an Vorraussetzungen an "unbedarfte" Leser zu stellen? Wenn dem so ist - ja, das versuche ich stets "einzuhalten". Alleine schon wegen meines Hanges zu verschwurbelten, umständlichen Formulierungen und endlosen Satzkonstruktionen brauche ich etwas "inhaltliche Übersichtlichkeit". Was insofern wieder ärgerlich ist, als ich dann wieder versuche, durch meine Wortwahl und meinen Ton noch zusätzlich eine gewisse Attitüde einzuflechten, was aber wahrscheinlich ein elementarer Grundsatz der Filmkritik ist (mit dem ich dann eben überfordert bin).

Davon abgesehen ist dieser Text ein Verriss, und Verrisse sind bei mir stets viel pragmatischer und klarer als Begeisterungsstürme, die in der Regel völlig entfesselt, wirr, eskapistisch und nicht mehr lesbar, geschweige denn nachvollziehbar sind. :icon_confused:  (Wobei auch hier Diskrepanzen im Raum stehen: Mr. Vincent Vega hat all das im Zusammenhang mit meinem EASTERN PROMISES-Text geschrieben, mit dem ich wiederum halbwegs zufrieden bin).

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 19 Februar 2009, 14:23:29
Kurzer Einwurf: Nicht ich habe die Begrifflichkeit für geschmäcklerische Meinungspolemik zweckentfremdet, variiert und modifiziert, und zum inflationären Einsatz geführt, um mein Schubladendenken ausbauen zu können ... das war immer noch der Hausherr höchstpersönlich. Der Rest untersteht den Gesetzen der Assimilation. :icon_mrgreen:

Tja, das Problem hierbei ist nur, dass du letztlich mich in meinem eigenen Prätentions-Faschismus noch überflügelt hast und das Wort viel öfter im ernstgemeinten Kontext verwendest als ich. Bei mir ist davon nämlich vieles Polemik, bei dir schon weniger. Du bist "prätentiophob". Alles, was irgendwie nach einer etwas gehobeneren Rezeption, im entferntesten nach Intellekt oder "Anspruch" riecht, ist sofort total p. Das macht es wirklich anstrengend, mit dir über Film zu diskutieren, weil sobald man über die einfache Wiedergabe von Geschmacksurteilen hinausgeht, ist man sofort ein Prätentions-Monster. Und deswegen bist DU ein Schubladen-Monster.
:icon_twisted:
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Mr. Vincent Vega

19 Februar 2009, 15:07:39 #822 Letzte Bearbeitung: 19 Februar 2009, 15:10:33 von Mr. Vincent Vega
Zitat von: McKenzie am 19 Februar 2009, 14:46:03
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 19 Februar 2009, 14:23:29
Kurzer Einwurf: Nicht ich habe die Begrifflichkeit für geschmäcklerische Meinungspolemik zweckentfremdet, variiert und modifiziert, und zum inflationären Einsatz geführt, um mein Schubladendenken ausbauen zu können ... das war immer noch der Hausherr höchstpersönlich. Der Rest untersteht den Gesetzen der Assimilation. :icon_mrgreen:

Tja, das Problem hierbei ist nur, dass du letztlich mich in meinem eigenen Prätentions-Faschismus noch überflügelt hast und das Wort viel öfter im ernstgemeinten Kontext verwendest als ich. Bei mir ist davon nämlich vieles Polemik, bei dir schon weniger. Du bist "prätentiophob". Alles, was irgendwie nach einer etwas gehobeneren Rezeption, im entferntesten nach Intellekt oder "Anspruch" riecht, ist sofort total p. Das macht es wirklich anstrengend, mit dir über Film zu diskutieren, weil sobald man über die einfache Wiedergabe von Geschmacksurteilen hinausgeht, ist man sofort ein Prätentions-Monster. Und deswegen bist DU ein Schubladen-Monster.
:icon_twisted:

Das ist ja wohl der blanke Hohn!

Travis, Sano, die Tulse und ich haben in der Schwulenbar* festgestellt, dass niemand so schubladig rezipiert wie du - und genau dafür hast du ja auch deinen auf jeglicher Diskussionsebene abrufbereiten (und allen längst zum Hals raushängenden) P.-Begriff installiert, also kratz' dich jetzt ja nicht bei den intellektuellen Monstern ein, nur um ein Praktikum als Matrose auf deren Dampfer nach Bamako zu erhaschen...



* :algo:

McKenzie

19 Februar 2009, 16:45:59 #823 Letzte Bearbeitung: 19 Februar 2009, 17:14:37 von McKenzie
Das ist nicht sportlich, Rajko. Sich mit meinen Freunden darüber auszulassen, was für ein Schubladen-Monster ich bin aber Schubladisierung (die in erster Linie stets ein polemischer Genuss ist und sich nicht kongenial verhalten muss zu den eigenen Ansichten, sowohl zu Film als auch zu Diskussionskultur) dann im Gespräch mit mir ekstatisch und mit hörbarem Wohlbehagen zu praktizieren. Im Endeffekt schicke ich mit dieser Art des streng asoziativen Kategorisierungs-Trash gewisse Leute schon über meine faschistoide Selektionsrampe, denn wer dahinter berechtigterweise mehr Differenzierungspotenzial vermutet, ist hartnäckig, intelligent und der richtige Gesprächspartner für mich. Wer das nicht tut und beleidigt in die Ecke trollt, hat es nicht besser verdient. So! 

Ob ich nun dieses oder jenes als p. bezeichne und dafür noch verschiedene P.-Unterkategorien erfinde oder du behauptest, dass die Franzosen, diese "Froschschenkel-Fresser" (O-Ton) ihre "eigene Filmkultur für die höchste und beste halten" (O-Ton) und dich das alles "nicht interessiert" (O-Ton) und du das "französische Gelaber" (O-Ton) nicht hören kannst, es kommt doch aufs gleiche raus. P.olemik.

Und jetzt sollten wir unsere Ellenbogen aus dem Gemächt des jeweils anderen nehmen und wieder lieb und differenziert miteinander umgehen.  :icon_smile:

EDIT: Im übrigen stecken uns gewisse Leute gemeinsam in Schubladisierungs-Schublade - und die lassen sich wahrscheinlich nur vorrübergehend davon überzeugen, das wir da nicht reingehören und das diese Behauptung der Schubladen-Schieberei auch schon eine Schubladisierung ist. :D Kaum eine Krankheit lässt sich schwerer bekämpfen als die holde Selbstgerechtigkeit.
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Mr. Vincent Vega

Zitat von: McKenzie am 19 Februar 2009, 16:45:59
Im Endeffekt schicke ich mit dieser Art des streng asoziativen Kategorisierungs-Trash gewisse Leute schon über meine faschistoide Selektionsrampe, denn wer dahinter berechtigterweise mehr Differenzierungspotenzial vermutet, ist hartnäckig, intelligent und der richtige Gesprächspartner für mich. Wer das nicht tut und beleidigt in die Ecke trollt, hat es nicht besser verdient. So!

Zitat von: McKenzie am 19 Februar 2009, 14:46:03
Tja, das Problem hierbei ist nur, dass du letztlich mich in meinem eigenen Prätentions-Faschismus noch überflügelt hast und das Wort viel öfter im ernstgemeinten Kontext verwendest als ich. Bei mir ist davon nämlich vieles Polemik, bei dir schon weniger. Du bist "prätentiophob". Alles, was irgendwie nach einer etwas gehobeneren Rezeption, im entferntesten nach Intellekt oder "Anspruch" riecht, ist sofort total p. Das macht es wirklich anstrengend, mit dir über Film zu diskutieren, weil sobald man über die einfache Wiedergabe von Geschmacksurteilen hinausgeht, ist man sofort ein Prätentions-Monster. Und deswegen bist DU ein Schubladen-Monster.
:icon_twisted:

Damit bist du sehr anschaulich deinem eigenen Widerspruch auf den Leim gegangen.


Wer bestimmt, was mehr oder weniger polemisch intendiert ist? Ich glaube die Filme, die ich ernsthaft als p. (im Duden-Sinne) bezeichnen würde, könnte ich an zwei Händen abzählen. Und diejenigen, bei denen das dann auch noch ein Wertungskriterium darstellte, wahrscheinlich an einer...

Und mir vorzuwerfen, ich würde alles, "was irgendwie nach einer etwas gehobeneren Rezeption, im entferntesten nach Intellekt oder "Anspruch" riecht" p. (synonym für nicht diskussionswürdig, nehme ich an) finden, ist nun auch nicht die sportlichste Disziplin - oder wie sind deine sonstigen Einschübe, ich würde Filme zu "kanon-mäßig" verkopft (und natürlich p.) rezipieren (die Laura oder den Gerry zum Beispiel), zu verstehen, wenn nicht als komplettes Gegenteil?

Also, vielleicht wäre weniger "In-die-Ecke-trollen" und mehr "dahinter blicken" auch ein guter Rat an dich selbst, mein Freund.

Und die angeblichen O-Ton-Zitate sind ja mal schwer.... entkontextualisiert. Aber trotzdem lustig, finde ich.

McKenzie

19 Februar 2009, 17:44:32 #825 Letzte Bearbeitung: 19 Februar 2009, 17:46:59 von McKenzie
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 19 Februar 2009, 17:20:05
Damit bist du sehr anschaulich deinem eigenen Widerspruch auf den Leim gegangen.

Inwiefern?

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 19 Februar 2009, 17:20:05
Wer bestimmt, was mehr oder weniger polemisch intendiert ist?

Niemand. Ich bestimme nur, was ich wie sehr als wie polemisch intendiere und wie sehr ich eine Aussage einer anderen Person als wie polemisch wahrnehme. Alles rein subjektiv.  :icon_razz:

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 19 Februar 2009, 17:20:05
Ich glaube die Filme, die ich ernsthaft als p. (im Duden-Sinne) bezeichnen würde, könnte ich an zwei Händen abzählen. Und diejenigen, bei denen das dann auch noch ein Wertungskriterium darstellte, wahrscheinlich an einer...

Dann bin ich leider deiner Polemik auf den Leim gegangen und habe dich konstant falsch verstanden. Aber wie ich streckst du meist auch erst einmal den Hammer aus und differenzierst danach. Zuerst darüber lachen und es total p. nennen, wenn ich dir erkläre, warum genau ich das PSYCHO-Remake so großartig finde und dann einschieben, dass ich mit einigem ja doch teilweise recht hätte und du es nachvollziehen könntest. Deswegen verstehen wir uns auch. Dachte ich jedenfalls doch.

Die Frage, ob das sein muss, stelle ich hier mal nicht. Als Außenstehender kann man meinen instinktiven Gebrauch von Polemik durchaus lenken und manipulieren, ganz leicht. Die Tulse z. B. ist sehr virtuos darin, mich zu zähmen. An und für sich bin ich selbst eigentlich kein Fan von Polemik, sie ist eher ein asoziatives (Huch, schon wieder), nützliches Skalpell - und wir wollen doch alle Kissen.  ;).

Den Rest diskutieren wir an einem anderen Ort, bzw. in einer anderen Form, etwas privater.  ;)
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Mr. Vincent Vega

Zitat von: McKenzie am 19 Februar 2009, 16:45:59
EDIT: Im übrigen stecken uns gewisse Leute gemeinsam in Schubladisierungs-Schublade - und die lassen sich wahrscheinlich nur vorrübergehend davon überzeugen, das wir da nicht reingehören und das diese Behauptung der Schubladen-Schieberei auch schon eine Schubladisierung ist. :D Kaum eine Krankheit lässt sich schwerer bekämpfen als die holde Selbstgerechtigkeit.

Belassen wir es dabei. :D


Und jetzt wieder Frieden im Bärenrudel.

McKenzie

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 19 Februar 2009, 17:51:31
Und jetzt wieder Frieden im Bärenrudel.



Trotzdem: Jetzt haben wir den Korken vertrieben.  :bawling:
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Adam Kesher

Zitat von: korken am 19 Februar 2009, 03:37:26Dieses Unbehagen bestand m. E. darin, dass Finchers Filme vor Zodiac ein oder zwei interessante Prämissen hatten, die, affektuell stellenweise durchaus wirksam, auf ihre technizistische Durchdringung hin vereinseitigt wurden, der Anspruch der duch diese Prämissen gesetzt wurde dadurch aber zur Prätention (im Nicht-VVschen Sinne) gerann.

Ich hatte bei der Lektüre des Satzes eher eine spontane Erleuchtung und war – nicht ganz neidlos – beeindruckt von Korkens Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge in ebenso flüssige wie griffige Worte zu fassen. Gerne mehr davon, vielleicht auch in Form von eigenen Besprechungen?

korken

Zitat von: MMeXX (Fischkutter) am 19 Februar 2009, 13:20:12
Mal kurz zwischendurch. Ich mag es ja, wenn mehr über Filme gesagt wird als "War toll. Dumme Darsteller. Schöne Explosionen".

Aber was soll das genau bedeuten:
Zitat von: korken am 19 Februar 2009, 03:37:26
ein oder zwei interessante Prämissen hatten, die, affektuell stellenweise durchaus wirksam, auf ihre technizistische Durchdringung hin vereinseitigt wurden,
?

Für mich steht da etwas von "der Vereinseitung von interessanten Voraussetzungen hinsichtlich der Durchdringung technischer Ausdrucksweisen, (die [Voraussetzungen] gefühlsbetont (affektuell? eher affektiv) stellenweise wirksam sind)".

Kannst du das vielleicht an einem Beispiel erläutern? Ich steige da noch nicht so recht durch, vielleicht habe ich aber auch bei einigen Begriffen einfach eine andere Vorstellung... Danke im Voraus

Sorry wenn's mißverständlich war, McKenzie hat's gut getroffen:

Zitatfür den kurzen Moment intuitiv von emotionaler Wirksamkeit / Vereinnahmung, letztlich aber doch technokratisch zusammengenäht und somit eben darüber nicht hinausgehend

Also wenn etwa in Panic Room der Schließmechanismus des hideouts, der der ganzen Situation ja doch eigentlich äußerlich ist, mit irrem technischen Aufwand kameratechnisch ins Licht gerückt wird, ohne dass diese apparatetechnische Einrichtung eine besondere Verschränkung mit all dem, was daran hängt, erfährt. Oder wenn etwa das "Spiel" in The Game abläuft, als habe man es mit einem klinischen Experiment zu tun, wo eine isolierte Situation hergestellt wird, die keine Irritationen zulässt, eben weil die Flüssigkeit des technischen Programms (der Inszenierung) im Vordergrund steht.   

vegetarian_cannibal

Schönen Tag! Wollt mich nur mal bedanken bei dir für dein Review zu "Die Stunde des Wolfs". Ich habe Bergmann bislang auch irgendwie ignoriert, nicht absichtlich, aber, man kennt das ja: So viele Filme, so wenig Zeit. Nach deinem Review aber bin ich davon überzeugt, daß es ein echtes Muß ist. Absolut zu Recht momentan der Review-Klassiker auf der Startseite.  :respekt:

vodkamartini

10 März 2009, 15:53:18 #831 Letzte Bearbeitung: 10 März 2009, 15:56:40 von vodkamartini
Ich konnte Bergman (der wird übrigens mit nur einem "M" am Ende geschrieben, liebe Vorschreiberin)  ;) noch nie etwas abgewinnen. Wir wurden mal während unserer Schulzeit auf Besinnungstagen mit Wilde Erdbeeren gequält. Seitdem mache ich einen großen Bogen um seine Filme. Da ändert auch dein Review nichts (ist ja ohnehin schon ein paar Järchen alt. :icon_mrgreen:
www.vodkasreviews.de

There's a saying in England: Where there's smoke, there's fire. (James Bond, From Russia with love)

Mr. Vincent Vega

Warum überrascht das nicht?


@McK: Ist dir eigentlich klar, dass Moonshade dadurch jetzt zumindest ein Review von dir gelesen haben muss? :icon_mrgreen:

vodkamartini

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 10 März 2009, 16:03:14
Warum überrascht das nicht?

Deine Berechenbarkeit ist phänomenal.  :icon_lol: :icon_lol: :icon_lol: Da kann man die Uhre danach stellen. Dass dieser Kommentar kommen würde, war so sicher wie das Amen in der Kirche.
www.vodkasreviews.de

There's a saying in England: Where there's smoke, there's fire. (James Bond, From Russia with love)

Mr. Vincent Vega

Ich finde es eben wirklich schwer zu verstehen, wie man WILDE ERDBEEREN als quälend empfinden kann. Das ist doch ein so tieftrauriger, schöner, kluger Film. Ganz ohne anstrengend oder anmaßend zu sein. Egal.

vodkamartini

Ich hab den mit 15 gesehen. Mit Sicherheit nicht das richtige Alter. Keiner in meiner Klasse (jungs wie Mädchen) fand den damals gut. Das hat mir Bergman bereits sehr früh verleidet. Du kannst mir höchstens vorwerfen, dass ich ihm seither keine Chance mehr gegeben habe.
www.vodkasreviews.de

There's a saying in England: Where there's smoke, there's fire. (James Bond, From Russia with love)

Vince

Zitat von: vodkamartini am 10 März 2009, 16:55:19
Ich hab den mit 15 gesehen. Mit Sicherheit nicht das richtige Alter. Keiner in meiner Klasse (jungs wie Mädchen) fand den damals gut. Das hat mir Bergman bereits sehr früh verleidet. Du kannst mir höchstens vorwerfen, dass ich ihm seither keine Chance mehr gegeben habe.

Und genau das muss man dir auch vorwerfen. In diesem Fall unter diesen Bedingungen hundertprozentig. Ohnehin gewinnen die Filme Bergmans, je mehr man von ihnen gesehen hat, weil sie sich größtenteils gegenseitig zu einem gewaltigen Gesamtwerk ergänzen - ein einzelner, aus dem Zusammenhang gerissener, im zarten Alter von 15 Jahren gesehener Film MUSS da einfach falsche Eindrücke wiedergeben.

Und dann noch gerade "Wilde Erdbeeren"... mein lieber Mann. ;)

vodkamartini

@Vince
Mag sein. Allerdings habe ich noch so viele für mich interessantere Filme auf der "Warteliste", dass meine "Defizite" hier wohl noch eine ganze Weile Bestand haben werden.  :icon_twisted: ;)

@McKenzie
Ein rein formaler Einwurf. Nachdem die ersten Zeilen deines Textes in Fettdruck auf der Startseite prangen, wäre es sinnvoll die falsche Schreibweise des Regisseurnamens auszubessern. Bergman schreibt man mit einem "n" am Ende. Nichts für ungut.  ;)
www.vodkasreviews.de

There's a saying in England: Where there's smoke, there's fire. (James Bond, From Russia with love)

Vince

Zitat von: vodkamartini am 11 März 2009, 16:19:58
@Vince
Mag sein. Allerdings habe ich noch so viele für mich interessantere Filme auf der "Warteliste", dass meine "Defizite" hier wohl noch eine ganze Weile Bestand haben werden.  :icon_twisted: ;)

Interessanter als Bergman? Was kann das bloß sein?  :icon_razz:

Crumby Crumb & the Cunty Bunch

Bay, Bruckheimer, Eichinger, Schweiger :icon_twisted: :icon_lol:
'Are you talkin' to me? You talkin' to me?' - Raging Bull, Pacino. Love that movie!

TinyPortal 2.0.0 © 2005-2020