OFDb

"Das Leben der Anderen"

Begonnen von Blonder, 30 März 2006, 16:05:09

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

heldderarbeit

nun der film hatte ja nunmal eine handlung, wie die läuterung eines überzeugten stasi-offiziers. solche geschichten sind überhaupt nur dann glaubhaft, wenn jener offizier ein so trostloses leben führt. anders hätte man diese eine geschichte garnicht erzählen können. filme erzählen nunmal eine geschichte oder um verwechslungen zu vermeiden eine episode. aber ein film kann ja wohl nie die gesamtheit der geschichte eines landes mit all ihren fassetten darstellen. es bleibt immer nur ein ausschnitt.

mit dem selben argument könnte man schindlers liste vorwerfen, er zeichne ein bild von den deutschen (wie schindler), die eigentlich den juden allesamt gern das leben gerettet haben.

und das einzige was über die gegenwart ausgesagt wird ist, die alten bonzen sind immer noch oben und die auflehner (mühe) auch heute noch am boden der gesellschaft, wenn man denn schon unbedingt eine aussage in den film hineininterpretieren will

kami

Zitat von: heldderarbeit am 19 Januar 2007, 13:38:32
mit dem selben argument könnte man schindlers liste vorwerfen, er zeichne ein bild von den deutschen (wie schindler), die eigentlich den juden allesamt gern das leben gerettet haben.
Kann man ja auch, wobei das von SCHINDLERS LISTE gezeichnete Geschichtsbild sicher noch korrekter ist als das von DAS LEBEN DER ANDEREN.

Adam Kesher

Zitat von: heldderarbeit am 19 Januar 2007, 13:38:32nun der film hatte ja nunmal eine handlung, wie die läuterung eines überzeugten stasi-offiziers. solche geschichten sind überhaupt nur dann glaubhaft, wenn jener offizier ein so trostloses leben führt. anders hätte man diese eine geschichte garnicht erzählen können.

Ich würde erwidern, dass die Konventionen, nach denen wir Läuterungsgeschichten erzählen, nicht vom Himmel gefallen sind, sondern von uns selbst nach unseren Bedürfnissen zurechtgelegt wurden, sodass sie unserer Mentalität entsprechen. Und wenn unsere Erzählkonventionen eine Mentalität durchblicken lassen, die von Selbstgerechtigkeit, Anmaßung und Häme zehrt, dann finde ich das Grund genug, über die Anschaffung neuer Konventionen nachzudenken. Einfach gesagt: Doch, ich glaube, dass man solche Geschichten anders erzählen kann, und ich glaube, dass man es sollte.

Zitat von: heldderarbeit am 19 Januar 2007, 13:38:32und das einzige was über die gegenwart ausgesagt wird ist, die alten bonzen sind immer noch oben und die auflehner (mühe) auch heute noch am boden der gesellschaft, wenn man denn schon unbedingt eine aussage in den film hineininterpretieren will

Was das Hineininterpretieren anbelangt, so halte ich es mit dem alten Grundsatz der Kommunikation, dass man nicht nichts sagen kann. Wer etwas sagt, sagt auch etwas aus, ob er will oder nicht - ganz gleich ob es sich um ein gedankenlos gesprochenes Wort oder einen sorgfältig ausgearbeiteten Film handelt. Allerdings geht es mir weniger darum, etwas hineinzuinterpretieren, sondern eher darum, etwas herauszuinterpretieren.

Und in diesem Zuge würde ich zwei Entkräftungsversuche gegen deinen Einwand unternehmen, der Film idealisiere die Gegenwart keineswegs:

1. Die Tatsache, dass die korrupte Elite auch in der Gegenwart noch agieren kann, scheint mir die Kluft zwischen "dem anderen System von damals" und "unserem System von heute" eher noch zu verschärfen: Spiegelt sich darin nicht die Befürchtung, dass unsere Liberalität von den Abgesandten der Vergangenheit missbraucht werden könnte? Dass wir gewissermaßen viel zu gut - und daher auch viel zu gutmütig - sind für die verschleppte Niedertracht von damals, die uns weiter angreift und unterwandert? Die scheinbare Selbstkritik, dass unser System die Korruption nicht gebannt habe, entlarvt sich in meinen Augen als schlecht getarntes Eigenlob: Wir sind den totalitären Halunken aus der Überwachungswelt nicht gewachsen, weil wir über ihre miesen Methoden erhaben sind, weil wir anständig, aufgeklärt und freigeistig sind.

2. Das sehr viel entscheidendere Gegenargument scheint mir aber dieses zu sein: dass sich - so meine These - die Haltung eines Filmes gar nicht in seiner Handlung offenbart, also in dem was passiert, sondern in seiner Erzählweise, also wie es passiert. Ich kritisiere nicht, dass der Film einen Schreibmaschinenexperten vorstellt, sondern wie grotesk er ihn karikiert. Ich kritisiere nicht den Besuch der Prostituierten, sondern wie der Film eine Randerscheinung - ich greife hier auf Kamis sehr treffende Analyse zurück - symptomatisch für das Ganze einsetzt. Ich kritisiere nicht - um es ganz deutlich zu machen -, dass die Mauer fällt, sondern wie der Film den Zuschauer vorab darüber informiert, um ihm Gefühle der Überlegenheit gegenüber den uninformierten Systemschergen zu entlocken. Wollte man tatsächlich Handlung und Haltung gleichsetzen, so würde das ja bedeuten, dass jeder Horrorfilm niederträchtig sei, weil darin ununterbrochen niederträchtige Dinge geschehen. Umgekehrt müsste man annehmen, dass jede Komödie zwangsläufig guter Gesinnung sei, bloß weil beständig gute Laune verbreitet wird. So einfach kann es doch gar nicht sein.

Phil

hier mal eben der Grund, warum die 1.Auflage eingezogen wurde:

ZitatIm Januar 2007 hat Buena Vista bekannt gegeben, dass die DVD-Version vom November 2006 aus rechtlichen Gründen nicht mehr verkauft oder verliehen werden darf und gegen eine andere Version ausgetauscht wird.
Grund: Im Audiokommentar des Regisseurs gibt/gab es Aussagen zu angeblichen Stasi-Tätigkeiten von Gregor Gysi und der verstorbenen Schauspielerin Jenny Gröllmann. Der Audiokommentar wurde angepasst.
:icon_neutral:
traue nie SB, denn es tut Dir weh :(
became MINGed!

ZitatCloverfield refers to the field formerly known as Central Park. Clovers are usually prone to grow at places after bombing. Thus the term "Clover" and "field" referring to park.

Blonder

Herzlichen Glückwunsch an alle, die an diesem Film mitgearbeitet haben!

Ich hatte das Leben der anderen gleich ins Herz geschlossen ...

Einen Oscar in der Sparte bester nicht-englischsprachiger Streifen bekommt man nicht unverdient, aber manchmal unverhofft. Die Konkurrenz gerade in dieser Kategorie ist ja aus verständlichen Gründen riesig!

:king: :king: :king:



greetz Blonder
@Tuco: "Gott ist nicht mit uns. Er haßt Idioten wie Dich!"

True Lies

So aufgepasst jetzt wird's heftig:

Nach Oscar-Gewinn: Hollywood plant Neuverfilmung von "Das Leben der Anderen"
(01.03.2007 13:41)

Vier Produzenten und Regisseure aus Hollywood sind so überzeugt von dem deutschen Film "Das Leben der Anderen", dass sie nun ein Remake planen. Hierzu sind sie in Verhandlungen mit Florian Henckel von Donnersmarck getreten.

Bei den vieren handelt es sich um Bob und Harvey Weinstein sowie Sydney Pollack und Anthony Minghella. "Wir möchten einfach furchtbar gern, dass dieser Film mehr Menschen erreichen kann", so beschreibt Pollack seine Motivation für das Remake.

Die Verhandlungen sind noch im Gange. Ob und wie von Donnersmarck beteiligt sein soll ist noch offen. In den USA startete "Das Leben der Anderen" vor drei Wochen und hat seitdem 1,3 Millionen Dollar eingespielt.

:icon_evil: :icon_rolleyes: :anime: :hacki:

Moonshade

Wo soll das spielen - belauscht da ein CIA-Angehöriger eine vermeindliche Terrorzelle oder fühlt sich da ein Verhörspezialist zwei Guantanamo-Insassen nahe?
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

Mr. Vincent Vega

Ich finde diesen Donnersmarck ja ohnehin schon erbärmlich, aber das passt nur zu gut: http://www.taz.de/pt/2007/02/27/a0126.1/text

(Reaktion auf die Kritik in der L.A. Weekly: http://www.laweekly.com/film+tv/film/the-stasi-who-came-in-from-the-cold/15120/)

Stefan M

Zitat von: Mr. Vincent Vega am  1 März 2007, 16:37:58
Ich finde diesen Donnersmarck ja ohnehin schon erbärmlich, aber das passt nur zu gut: http://www.taz.de/pt/2007/02/27/a0126.1/text

Das stimmt, ein Unsympath, wie er im Buche steht. Ferner kann ich mich gar nicht genug darüber empören, daß er neben den Hauptdarstellern Sebastian Koch und Ulrich Mühe anstatt Martina Gedeck lieber seine Frau zur Oscarverleihung mitgenommen hatte.
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

True Lies

Jetzt wird sich zeigen, ob er ein wahrer Künstler oder nur geldgeil ist!

Klugscheisser

Zitat von: True Lies am  1 März 2007, 16:33:07
So aufgepasst jetzt wird's heftig:

Nach Oscar-Gewinn: Hollywood plant Neuverfilmung von "Das Leben der Anderen"
(01.03.2007 13:41)

Vier Produzenten und Regisseure aus Hollywood sind so überzeugt von dem deutschen Film "Das Leben der Anderen", dass sie nun ein Remake planen. Hierzu sind sie in Verhandlungen mit Florian Henckel von Donnersmarck getreten.

Bei den vieren handelt es sich um Bob und Harvey Weinstein sowie Sydney Pollack und Anthony Minghella. "Wir möchten einfach furchtbar gern, dass dieser Film mehr Menschen erreichen kann", so beschreibt Pollack seine Motivation für das Remake.

Die Verhandlungen sind noch im Gange. Ob und wie von Donnersmarck beteiligt sein soll ist noch offen. In den USA startete "Das Leben der Anderen" vor drei Wochen und hat seitdem 1,3 Millionen Dollar eingespielt.

:icon_evil: :icon_rolleyes: :anime: :hacki:


:LOL: :wallbash:

Tut mir leid, mehr fällt mir dazu nicht ein...

kami

Zitat von: Mr. Vincent Vega am  1 März 2007, 16:37:58
Ich finde diesen Donnersmarck ja ohnehin schon erbärmlich, aber das passt nur zu gut: http://www.taz.de/pt/2007/02/27/a0126.1/text

(Reaktion auf die Kritik in der L.A. Weekly: http://www.laweekly.com/film+tv/film/the-stasi-who-came-in-from-the-cold/15120/)
Die Rezension ist vollends berechtigt, das allgemeine Lobgehudel über den Film war ja auch kaum noch zu ertragen. Letztendlich ist DAS LEBEN DER ANDEREN ein Film von jemandem, der keine Ahnung von der Materie hat, für eben ein solches Publikum.

Moonshade

Wenn Harvey "Scissorhands" Weinstein seine Pfoten in das Remake bekommt, dann fliegt Donnersmarck sowieso einiges an Illusionen um die Ohren...
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

Seemops

Zitat von: Stefan M am  1 März 2007, 16:51:53
Das stimmt, ein Unsympath, wie er im Buche steht. Ferner kann ich mich gar nicht genug darüber empören, daß er neben den Hauptdarstellern Sebastian Koch und Ulrich Mühe anstatt Martina Gedeck lieber seine Frau zur Oscarverleihung mitgenommen hatte.

Ist das seine Entscheidung?
"Ford - ich glaube, ich bin ein Sofa!"

Martusz


Karm

3 März 2007, 09:35:19 #45 Letzte Bearbeitung: 3 März 2007, 09:40:22 von Karm
Zitat von: kami am  2 März 2007, 09:35:28
Letztendlich ist DAS LEBEN DER ANDEREN ein Film von jemandem, der keine Ahnung von der Materie hat, für eben ein solches Publikum.

...um so bezeichnender, dass genau diese Gattung von Involvierten sich hier über die historischen Zusammenhänge verbreitet. :icon_mrgreen:
Wortgewandt und überwiegend aufgrund angelesener "Weisheiten" wird hier über Pro und Kontra debattiert. Von Leuten die zur Tatzeit noch als Quark im Schaufenster gelegen haben, wenn überhaupt.

"Und das ist auch gut so" Weshalb ich auch niemandem zu nahe treten möchte. Dafür ist ja ein Forum da und ich finde es bereits nützlich, dass sich eine Auswahl junger Leute überhaupt mit diesem Thema auseinandersetzt. :respekt:

Ansonsten hat mir der Film gefallen. Ich habe eigentlich allgemein starke Vorurteile gegen "neuere" deutsche Produktionen. Sicherlich oft unberechtigt aber so ist es nunmal mit Vorurteilen. Trotzdem hatte der Film irgend etwas. Zumindest etwas, was mich zu dem Zeitpunkt, als ich den Film sah, angenehm unterhalten hat. Ich fand die Musik sehr gelungen und auch die Kameraführung sowie die Zeichnung einiger Charaktere.
Über die platte Darstellung einzelner Personen oder Handlungen innerhalb der Stasi-Thematik habe ich schmunzelnd hinweggeschaut. Immerhin hatte ich ziemlich intime Einblicke in die tatsächliche Szene damals. Selbst mein Schwiegervater, als systemkritischer Geschichtslehrer auch direkt von solchen Vorgängen betroffen, fand den Film gut. Und das soll schon was heißen.

Letztendlich sehe ich es so wie Adam Kesher
Zitat von: Adam Kesher am 18 Januar 2007, 23:58:04
...Vielmehr glaube ich, dass das Kino zur Oberflächlichkeit neigt, weil die Gesellschaft, die es betreibt, dazu neigt...

Der Film war/ist ein Märchen und als solches gelungen.
Für die Klärung geschichtlicher Zusammenhänge ist er ungeeignet und sollte so auch nicht betrachtet werden.

Stefan M

Zitat von: Stefan M am  1 März 2007, 16:51:53
Das stimmt, ein Unsympath, wie er im Buche steht. Ferner kann ich mich gar nicht genug darüber empören, daß er neben den Hauptdarstellern Sebastian Koch und Ulrich Mühe anstatt Martina Gedeck lieber seine Frau zur Oscarverleihung mitgenommen hatte.

Zitat von: Seemops am  3 März 2007, 00:52:45
Ist das seine Entscheidung?

Das ist letzten Endes natürlich seine Entscheidung, ja. Das ändert allerdings nichts daran, daß ich diese Aktion absolut daneben finde. Wäre es denn unzumutbar für von Donnersmarcks Frau gewesen, die mir, das nur nebenbei, sehr sympathisch erscheint, wenn sie sich - wie etwa ein Großteil der Filmcrew - die Veranstaltung in einem Nebenraum angesehen hätte?

Ich habe gestern dazu in der WELT KOMPAKT einen sehr treffenden Leserbrief erblickt. Darin steht u.a.:

"[...] Weder Adel noch Studium können offenbar Dank und Herzensbildung hervorbringen, denn sonst hätte dieser arrogant chauvinistisch auftretende Zwei-Meter-Mann [...] bei Kartenknappheit auf einen seiner zwei männlichen Schauspieler verzichten müssen. Zugunsten der herausragenden Martina Gedeck, die er durch grobe Taktlosigkeit versäumt hat mitzunehmen. Wenn schon weibliche Begleitung, dann die Frau Gemahlin. Die mag ihn ja unterstützt haben, mitgespielt hat sie nicht. Bei der Oscar-Verleihung wird gute Arbeit prämiert, nicht die Ehefrau des Jahres. [...]"
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

Adam Kesher

Zitat von: Karm am  3 März 2007, 09:35:19Der Film war/ist ein Märchen und als solches gelungen. Für die Klärung geschichtlicher Zusammenhänge ist er ungeeignet und sollte so auch nicht betrachtet werden.

Zwei Einwände dagegen: Erstens tritt der Film selbst in dieser Bescheidenheit gar nicht auf, sondern präsentiert sich als seriöses Zeitdokument. Und zweitens - viel wichtiger noch - dienen Märchen der Aufklärung, nicht der Verklärung. Jede Grimm'sche Erzählung ist diesem verlogenen Geschichtsüberwindungsunfug in Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Menschlichkeit haushoch überlegen.

Karm

Zitat von: Adam Kesher am  3 März 2007, 12:31:31
Zwei Einwände dagegen: Erstens tritt der Film selbst in dieser Bescheidenheit gar nicht auf, sondern präsentiert sich als seriöses Zeitdokument.

Du kannst so viele Einwände haben wie du möchtest. ;)
Wie ein Film "auftritt" liegt in den Augen des Betrachters. Ich hatte mich vor dem Ansehen weder mit Kritiken noch mit Ankündigungen beschäftigt. Die DVD wurde eingelegt und fertig.

Seemops

Zitat von: Stefan M am  3 März 2007, 12:04:19
Das ist letzten Endes natürlich seine Entscheidung, ja. Das ändert allerdings nichts daran, daß ich diese Aktion absolut daneben finde. Wäre es denn unzumutbar für von Donnersmarcks Frau gewesen, die mir, das nur nebenbei, sehr sympathisch erscheint, wenn sie sich - wie etwa ein Großteil der Filmcrew - die Veranstaltung in einem Nebenraum angesehen hätte?

Ich habe gestern dazu in der WELT KOMPAKT einen sehr treffenden Leserbrief erblickt. Darin steht u.a.:

"[...] Weder Adel noch Studium können offenbar Dank und Herzensbildung hervorbringen, denn sonst hätte dieser arrogant chauvinistisch auftretende Zwei-Meter-Mann [...] bei Kartenknappheit auf einen seiner zwei männlichen Schauspieler verzichten müssen. Zugunsten der herausragenden Martina Gedeck, die er durch grobe Taktlosigkeit versäumt hat mitzunehmen. Wenn schon weibliche Begleitung, dann die Frau Gemahlin. Die mag ihn ja unterstützt haben, mitgespielt hat sie nicht. Bei der Oscar-Verleihung wird gute Arbeit prämiert, nicht die Ehefrau des Jahres. [...]"

Das ist ja alles schön und gut, wenn es letztlich seine Entscheidung war. Ich meine, was hat Frau Gedeck dazu gesagt? Aber auch das Zitat, was du bringst, sagt mir nur deutlich, dass man sich in bestimmten Verurteilungen sehr gerne von Sympathie leiten lässt. Es mag vielleicht nicht schön gewesen sein, WENN er zu Martina Gedeck gesagt hat, du musst zu Hause bleiben, ich nehme meine Ehefrau mit, aber 1. wissen wir das nicht (ich jedenfalls) und 2. kann man es mit Verurteilungen auch übertreiben, was in meinen Augen häufig daran liegt, ob man die Person mag oder nicht.
"Ford - ich glaube, ich bin ein Sofa!"

Martusz

Interessant ist auf jeden Fall, dass Menschen mit Ostbiographie sich und ihre Umwelt in dem Film so gar nicht wieder finden und ihn deshalb nicht für voll nehmen.

Vor allem Westler finden den gut, ich glaube aus eben den Gründen, die Christina Nord in ihrem taz-Artikel aufgezählt hat. (s.o.)

Stefan M

3 März 2007, 15:03:31 #51 Letzte Bearbeitung: 3 März 2007, 15:11:35 von Stefan M
Zitat von: Seemops am  3 März 2007, 13:32:22
Das ist ja alles schön und gut, wenn es letztlich seine Entscheidung war. Ich meine, was hat Frau Gedeck dazu gesagt? Aber auch das Zitat, was du bringst, sagt mir nur deutlich, dass man sich in bestimmten Verurteilungen sehr gerne von Sympathie leiten lässt. Es mag vielleicht nicht schön gewesen sein, WENN er zu Martina Gedeck gesagt hat, du musst zu Hause bleiben, ich nehme meine Ehefrau mit, aber 1. wissen wir das nicht (ich jedenfalls) und 2. kann man es mit Verurteilungen auch übertreiben, was in meinen Augen häufig daran liegt, ob man die Person mag oder nicht.

In einem Interview, das ich am vergangenen Donnerstag gesehen habe, hat Florian Henckel von Donnersmarck zu dem Thema Stellung bezogen: Er durfte drei weitere Leute zur Verleihung mitnehmen und hatte sich für Mühe und Koch entschieden, und zwar aus dem Grund, weil Martina Gedeck insgesamt einfach weniger Leinwandminuten aufweisen kann als ihre männlichen Schauspielkollegen. Das klingt plausibel und ist es auch, nur standen ihm DREI Karten zur Verfügung. Somit hätte also Frau Gedeck locker Platz gefunden, aber nein: von Donnersmarck opfert diesen lieber seiner lieben Frau, die ihn vorbildlich unterstützt haben mag, aber letztlich eben NICHTS mit dem Film zu tun hat. An Martina Gedecks Stelle würde ich diese Entscheidung ganz und gar nicht gutheißen - und so verwundert es überhaupt nicht, daß sie es vorzog, der Zeremonie fernzubleiben und sie aus der Ferne mitzuerleben. Wie gesagt: Bei der Oscar-Verleihung werden immer noch Filme und ihre Verantwortlichen prämiert. (Tut mir leid, wenn ich mich eben teilweise wiederholt haben sollte...  ;))

Und ich kann nur für mich sprechen (logo): Ja, ich kann von Donnersmarck nicht leiden (bin gespannt, wie er sich heute Abend in "Wetten, daß...?" gibt), aber ich würde eine solche Aktion mit Sicherheit genauso scharf kritisieren und als hochgradig unfair bezeichnen, wäre ein wahrer Sympathieträger, dem man einfach nicht böse sein kann, so vorgegangen (in meiner Sympathieskala wäre er in dem Fall aber selbstverständlich auch ein nicht unbeträchtliches Stück nach unten gerutscht, klaro).

Das abschließend dazu...
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

Mr. Hankey

3 März 2007, 15:30:38 #52 Letzte Bearbeitung: 3 März 2007, 15:35:19 von Mr. Hankey
ZitatInteressant ist auf jeden Fall, dass Menschen mit Ostbiographie sich und ihre Umwelt in dem Film so gar nicht wieder finden und ihn deshalb nicht für voll nehmen.
Kann man aber nicht wirklich sagen bzw. verallgemeinern. Ich kenne doch einige Menschen aus meiner ostdeutschen Umgebung, die sich durchaus in dem Film wiederfinden und diesen auch für gut befunden haben. Aber ich denke mal, dass ist auch immer eine Frage der Ansicht. Jemand der die DDR und seine Machenschaften verteufelt hat, wird von diesem Film sicher anders denken, als jener der sich die DDR zurückwünscht, von denen es ja leider auch ne ganze Menge gibt.

Meine Mutter ist z. Bsp. durchaus zufrieden (wenn auch ebenfalls nicht ganz kritiklos) mit dem Film, stand dem DDR-Regime auch schon immer kritisch gegenüber und hat ihr lebenlang schon immer hier im Osten gewohnt. Von daher wirkt sie z. Bsp. oder auch Karm auf mich weit glaubwürdiger, als z. Bsp. mein Kritiker-Kumpel Mr. VV, der zwar durchaus schon ein versierter Filmkritiker ist, aber von der DDR mit seinen 21 Länzen noch weniger mitgekriegt hat, als meinereins. ;)

Karm trifft es mit seiner Kritik, so denke ich, doch ziemlich genau!
Ofdb-Filmsammlung
Aus visueller Sicht, das vielleicht beste BD-Erlebnis ever: Klick

Mr. Vincent Vega

Zitat von: Mr. Hankey am  3 März 2007, 15:30:38
Von daher wirkt sie z. Bsp. oder auch Karm auf mich weit glaubwürdiger, als z. Bsp. mein Kritiker-Kumpel Mr. VV, der zwar durchaus schon ein versierter Filmkritiker ist, aber von der DDR mit seinen 21 Länzen noch weniger mitgekriegt hat, als meinereins. ;)

..und der trotzdem mit der Allgegenwart der Stasi aufgewachsen ist, da er aus einer Familie kommt, die direkt und indirekt einiges mit ihr zu tun hatte. Und ich kann mich dem Statement nur anschließen: Die Mehrheit der Ostdeutschen dürfte den Film eher als hochnäsige Fiktion betrachten.

Mr. Hankey

ZitatDie Mehrheit der Ostdeutschen dürfte den Film eher als hochnäsige Fiktion betrachten.
Tja, also ich wüsste da (aus dem persönlichen Umfeld) auf den Schlag wirklich nicht einen einzigen, der es so hart sehen und formulieren würde, aber nun gut!
Ofdb-Filmsammlung
Aus visueller Sicht, das vielleicht beste BD-Erlebnis ever: Klick

Martusz

In meinem Bekannten- und Kollegenkreis ist es so. Da sind die Ostdeutschen durch die Bank unzufrieden mit dem Film, und zwar nicht, weil sie die DDR und ihre Sicherheitsorgane zurücksehnen. Die sind alle mehr oder weniger gegängelt worden und haben noch vor Mauerfall rübergemacht.

Die Westdeutschen fühlen sich da viel wohler mit dem Film.

Das nur der Vollständigkeit halber.

Ganz abgesehen davon, dass ich Donnersmarck besonders unangenehm finde. Da passt die Geschichte um Frau Gedeck sehr gut ins Bild.

Mr. Hankey

ZitatGanz abgesehen davon, dass ich Donnersmarck besonders unangenehm finde.
Gut, zugegeben, abgesehen von seinen filmischen Leistungen, finde ich den Typen auch nicht gerade sympathisch. Scheint mir ein sehr selbstverliebter Bursche zu sein, der anscheinend auch viel zu viel auf seinen billigen Adelstitel gibt. Nee, in meinem Bekanntenkreis würde ich den Spinner auch nicht haben wollen! :icon_confused:
Ofdb-Filmsammlung
Aus visueller Sicht, das vielleicht beste BD-Erlebnis ever: Klick

kami

Zitat von: Mr. Hankey am  3 März 2007, 15:30:38
Kann man aber nicht wirklich sagen bzw. verallgemeinern. Ich kenne doch einige Menschen aus meiner ostdeutschen Umgebung, die sich durchaus in dem Film wiederfinden und diesen auch für gut befunden haben. Aber ich denke mal, dass ist auch immer eine Frage der Ansicht. Jemand der die DDR und seine Machenschaften verteufelt hat, wird von diesem Film sicher anders denken, als jener der sich die DDR zurückwünscht, von denen es ja leider auch ne ganze Menge gibt.

Meine Mutter ist z. Bsp. durchaus zufrieden (wenn auch ebenfalls nicht ganz kritiklos) mit dem Film, stand dem DDR-Regime auch schon immer kritisch gegenüber und hat ihr lebenlang schon immer hier im Osten gewohnt. Von daher wirkt sie z. Bsp. oder auch Karm auf mich weit glaubwürdiger, als z. Bsp. mein Kritiker-Kumpel Mr. VV, der zwar durchaus schon ein versierter Filmkritiker ist, aber von der DDR mit seinen 21 Länzen noch weniger mitgekriegt hat, als meinereins. ;)
Meine Herren, man muss doch die Stasi nicht am eigenen Leib erlebt haben, um objektiv über die Materie urteilen zu können. Und der Film kommt bei den Kritikern ja auch nicht schlecht weg, weil er irgendwie zu böse und zu kritisch mit der DDR und ihren Organen umgegangen wäre, sondern weil er leichtfertig statt auf Tatsachen auf spekulative Ereignisse setzt (Stasi-Hure, Machtmissbrauch für private Zwecke)), die zwar tatsächlich vorgekommen sein mögen, aber ganz und gar nicht bezeichnend sind für die DDR in dieser Epoche. Da der Film aber mehr sein möchte als eine menschelnde Agenten- und Spitzelmär, sondern im Gegenteil aufklären möchte, ist diese historische Beliebigkeit (weil die Ereignisse auch in jedem anderen System hätten passieren können) ein echter Kardinalsfehler.

Martusz

Zitat von: kami am  4 März 2007, 09:51:19Da der Film aber mehr sein möchte als eine menschelnde Agenten- und Spitzelmär, sondern im Gegenteil aufklären möchte, ist diese historische Beliebigkeit (weil die Ereignisse auch in jedem anderen System hätten passieren können) ein echter Kardinalsfehler.

Schön auf den Punkt gebracht.

Karm

Zitat von: kami am  4 März 2007, 09:51:19
Da der Film aber...aufklären möchte, ist diese historische Beliebigkeit (weil die Ereignisse auch in jedem anderen System hätten passieren können) ein echter Kardinalsfehler.

"Wollte" der Film das? War das die Intention?
Falls ja, wäre das freilich gründlich mißlungen.
Wie gesagt, ich hatte mich vorher nicht mit den Ankündigungen beschäftigt und hatte daher keinerlei Erwartungen in diese Richtung.
Vielleicht hat der Filmemacher hier aus Versehen etwas gutes produziert. Thema verfehlt aber als Endergebnis sehenswert.

TinyPortal 2.0.0 © 2005-2020